Das Wort zur Wochenmitte

Grafik: Pfeffer

Fritz´chen brütet über seiner Klassenarbeit. Er kommt nicht wirklich voran. Jetzt rächt es sich, dass er nicht wirklich gelernt hat. Verzweifelt schreibt er seine Frage auf eine kleinen Zettel und schiebt ihn vorsichtig zu seinem Banknachbarn hinüber. „Was ist die Wurzel von 2809?“ Aber da passiert es. Lehrer Lemke schlägt mit dem Lineal auf das Pult und brüllt durch die Klasse. „Fritz´chen, du sollst doch nicht schummeln! Die Klassenarbeit ist für dich beendet!“

Haben Sie früher in der Schule auch mal geschummelt? Haben Sie auch Zettelchen hin- und her- geschoben in der Hoffnung, dass der Lehrer es nicht sieht? Sicherlich kommen Ihnen gerade im Moment viele Geschichten von früher in den Sinn.

Schade, dass wir diese alten Erfahrungen oft auf Gott übertragen haben. „Der liebe Gott sieht alles“ war ein geflügeltes Sprichwort. Wenn wir das sagen, bringen wir das Bild eines strengen und ungeliebten Lehrers mit Gott in Verbindung.

„Du bist ein Gott, der mich sieht“. So lautet das Bibelwort, das uns im ganzen Jahr 2023 begleiten wird. „Aha“, denken wir, „Gott sieht alle kleinen und großen Fehler, die wir begangen haben oder begehen werden“. Schade, wenn sich dieses Gottesbild festsetzt.

Denn das Bekenntnis zu dem Gott, der mich sieht, gehört zu einem ganz anderen Zusammenhang. Das 16. Kapitel des 1. Buches Moses erzählt die Geschichte von Hagar. Eine durch und durch menschliche und dramatische Geschichte. Hagar, die Dienerin von Abraham, wird schwanger. Sie wird verstoßen. Sie ist auf der Flucht und weiß nicht wohin. Da erscheint ihr ein Engel. Sie weiß: Gott hat mich in meinem Elend nicht vergessen. Er sieht vielmehr, wie es mir geht und was ich brauche.

Was werden Sie 2023 erleben? Über welches Glück werden Sie sich freuen können? Welches Leid werden Sie aushalten müssen? Vielleicht erahnen wir das eine oder andere. Zum Glück wissen wir nicht, was das neue Jahr uns bringen wird.

Ich wünsche Ihnen den Glauben der Hagar. „Du bist ein Gott, der mich sieht“. Was auch immer das Jahr 2023 bringen wird, schöne Erfahrungen oder schwierige Wegstrecken, Gott ist ein Gott, der Sie sieht. Er weiß, wie es Ihnen geht. Er freut sich mit Ihnen mit und er teilt Ihren Schmerz, wenn alles um Sie herum dunkel wird.

Ich wünsche Ihnen ein gutes neues Jahr – mit vielen Glücksmomenten, und wenn es doch nicht so gut werden sollte, dann will ich mit Hagar daran glauben, dass Gott ein Gott ist, der uns sieht.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein von Gott behütetes neues Jahr.

Es grüßt Sie herzlich

Ihr Hartmut Görler