Das Wort zur Wochenmitte

Blubber-Blasen

Ich gieße mir Tee in die Tasse. Er wirft Blasen. Kleine und große. In der Blasenlandschaft ist viel Bewegung. Einige platzen, andere tun sich zusammen und bilden größere Blasen, bis die auch die Spannung nicht mehr aushalten und platzen. Nach und nach wird die Oberfläche des Tees blasenfrei. 

Die Bubble, also die Blase ist ein Bild geworden. Dazu eine Erklärung aus dem Netz von einer Erklärseite für Kinder: „Von einer Filterblase (englisch: filter bubble) spricht man, wenn du den Eindruck bekommst, dass sich ALLE Menschen für Sport, Haustiere oder Schminkvideos interessieren. Und das nur, weil du so viele Nachrichten dazu bekommst. Doch das sind nur die Beiträge, die speziell für dich angezeigt/gefiltert werden.“ So ist das bei den Suchmaschinen und den Verlinkungen im Netz. 

Inzwischen leben wir unser Leben größtenteils in so einer Blase. Wir informieren uns immer wieder bei den immergleichen Informationsquellen, haben Freunde und Freundinnen, die es genauso machen. So bestätigen wir uns gegenseitig in unseren Ansichten. Nur selten kommt mal etwas Neues von außen hinein. 

Das liegt an dieser Zeit mit der Pandemie. Da können wir zwar nach Herzenslust überall im Internet forschen und alle Fernsehsender rauf und runter schauen, aber trauen nur noch einigen wenigen Quellen, da die Welt immer unübersichtlicher wird. Und weil die Pandemie persönliche Kontakte rar gemacht hat, und wir nur noch selten in Kulturveranstaltungen gehen, gibt es nichts, was uns in unserer Überzeugung irritiert und uns auf neue Gedanken bringt. Der Mensch an unserer Seite lebt ja in derselben Blase und die wenigen Menschen, die wir treffen (dürfen/ wollen/ können) auch.  

Ich finde, das Bild von der Bubble beschreibt sehr gut, was ich im Augenblick bei mir selbst und den Menschen in der nächsten Umgebung beobachte. Es ist als steckten wir gemeinsam in so einer Blase fest und atmeten nur noch alle dieselben Informationen. Und die Andersdenkenden genauso. Ob die Blasen wohl irgendwann mal zerplatzen und wir wieder dieselbe Luft atmen können?

Mich faszinieren Geschichten von Jesus, die den Menschen den Spiegel vorhalten. „Schau auf dich selbst, schau auf deine eigenen Fehler, bevor du auf andere zeigst.“ – so lese ich es in der Geschichte von der Frau, der Ehebruch vorgeworfen wird. In der Gesellschaft zu Jesu Zeiten ein Vergehen, auf das die Todesstrafe steht. Jesus wird dazu befragt und verurteilt nicht. „Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!“ sagt er vielmehr. Und das Erstaunliche ist: Die Menschen sind ehrlich, lassen die Steine fallen und gehen weg. Jede und jeder weiß: Niemand ist ohne Sünde. (Johannes 8,1-11)

Ob die, die heute hetzen wohl jemals in den Spiegel schauen und die eigenen Fehler darin finden? Wenn sie in so einer Bubble stecken, dann finden sie nur das, was sie selbst bestätigt, hören sie nur auf die, die genauso denken wie sie. Ich weiß, wie schön das ist, Bestätigung zu erfahren. Aber bin ich ehrlich, wenn ich meine eigene kleine beschränkte Welt, mein eigenes beschränktes Denken für so großartig halte, dass alle so denken müssen?

Beim nächsten Tee will ich mal überlegen, was mich auf neue Gedanken bringt. Vielleicht kann ich ja mal die Blase verlassen?! 

Ihre Pfarrerin Claudia Bitter