Das Wort zum Tag

Mamamama … unser Enkel ist nun ein gutes halbes Jahr alt. Er entdeckt seine Welt und lernt von Woche zu Woche Neues. Nun formt er auch bewusst Laute. Herrlich ihn dabei zu erleben und mitzubekommen, wie er sich Schritt für Schritt dem Sprechen nähert.

Reden können ist ein Segen. Sich mitzuteilen und sich auszutauschen sind zentrale Grundbestandteile menschlichen Lebens. Reden können ist Segen und ist Verantwortung zugleich: Worte können verletzen; Reden ist Silber, Schweigen ist Gold; die richtigen Worte zur rechten Zeit; der Ton macht die Musik; zuerst denken und dann reden – verschiedenste Sprichwörter und Lehrsätze geben Hinweise für einen guten Umgang mit dem Reden.

Ganz aktuell spüre ich auf der einen Seite eine tiefe Dankbarkeit dafür, in einem demokratischen Staat zu leben. Wir dürfen uns in der Öffentlichkeit auch kritisch äußern. In der Volksrepublik China wird die Pressefreiheit mehr und mehr eingeschränkt. Menschen werden massiv eingeschüchtert. Wer sich dennoch kritisch äußert, droht weggesperrt zu werden. 

Demokratie lebt von Meinungsfreiheit und von aktivem Mitreden und Mitgestalten der Politik durch mündige Bürgerinnen und Bürger. Aber auch Demokratie braucht für ein wertschätzendes Zusammenleben eine verbindliche soziale Ordnung wie unser Grundgesetz. Dass heute das Bundesamt für Verfassungsschutz die gesamte AFD zum sogenannten Verdachtsfall erklärt hat zeigt, dass Meinungsfreiheit auch Grenzen hat.

Eine anderes aktuelles Thema ist das kontroverse Reden, Schreiben, Mitteilen und Posten unserer Meinungen zu richtigen Impfprioritäten und guten Lockerungsstrategien. Wer hätte gedacht, dass das Land, in dem (fast) alle Bundestrainer sind, nun auch zu einem Land von 80 Millionen Virolog*innen und Pandemieexpert*innen aufgestiegen ist. Das Land der Dichter und Denker und überall Mitredenden.

In einer schwierigen Zeit mit riesigen Herausforderungen kann Reden helfen, einen Konsens zu finden – wenn er überhaupt zu finden ist. Aber Entscheidungen sind zu treffen, und diese werden niemals allen gefallen. Konflikte sind unausweichlich und müssen in guter Weise geführt werden. 

Darüber ist in der Tat zu reden, aber immer konstruktiv. Was jedenfalls nicht sein darf, ist immer und überall nur zu Schimpfen und Menschen für ihre Entscheidungen verbal und emotional zu verurteilen.

Gerade in einer schwierigen Zeit gilt es, sich der Macht der Worte und sich des Segens des „guten Redens“ neu bewusst zu werden. Es gilt persönlich innezuhalten. Es gilt den anderen zu hören und einander zuzuhören. Es gilt sich selbst beim Reden zuzuhören und sich die Frage zu stellen: Wie wirken meine Worte gerade auf mein Gegenüber?

Ich erlebe mich, dass ich zuweilen etwas unüberlegt sage und sofort bereue, dass ich diese Worte ausgesprochen habe. Ich erlebe, dass ich nicht immer den passenden Ton finde oder zu viel rede und zu wenig zuhöre. 

Gutes zu sagen und gut miteinander im Gespräch zu sein ist eine hohe Schule. Jesus ist mir auch hierzu ein hervorragender Lehrmeister. Gottes Zuspruch für uns, sein Segen, heißt übrigens auf Latein Benediktion und bedeutet genau dies: Gutes sagen. 

Ich wünsche Ihnen und mir Gottes Segen für ein Gutes Reden und ein gutes Zuhören. 

Ihr/Euer
Achim Dreessen

Gott, 
deinen Segen erbitten wir.  
Deine Zärtlichkeit umfange uns. 
Deine Liebe befreie uns. 
Deine Kraft stärke uns. 
Deine Weisheit berate uns. 

Thomas Bornhauser
nach: Brigitte Enzner-Probst, Wenn Erd und Himmel sich berühren, Gütersloh 1993,  S. 149