Zwischen Refflingsen und Kalthof findet sich ein kleiner Weg. Sonst fahren wir dort auf den Rädern rasant vorbei – es geht ein bisschen bergab. Aber am Sonntag hat uns die Frühlingssonne zu einer Rast verlockt. Und da haben wir diesen verheißungsvollen Straßennamen gefunden: „Frühlingsufer“
Am Ufer zum Frühling sind wir doch. Und wir spüren ihn schon richtig. Er markiert in diesen frühen Frühlingstagen wie ein Ufer den Übergang – von der Kälte zur Wärme, vom Dunkel zum Licht, von der Kargheit zur Fülle, von der Starre zur Lebendigkeit. Am Ufer zum Frühling stehen wir. Es geht schon manches los: Erste Knospen gibt es an den Bäumen, erste Blüten im Garten, erste Hummeln gibt es– und die sind noch gaaanz laaangsaaam. Am Frühlingsufer.
Eine Frühlingsgeschichte aus der Natur berührt mich immer wieder neu. Die vom Frühling bei den Waldameisen. Beim NABU auf der Homepage wird erzählt, wie die Frühlingssonne in die Ameisenhaufen durchdringt.
„Verlockend blinzeln die Strahlen der Frühlingssonne durch die Bäume und lassen die Schneereste auf den Ästen zu funkelnden Tautropfen schmelzen. Meisen verfolgen ihren Fall und entdecken am Fuß der Fichte unerwartet reges Leben: Auf einem Ameisenhügel tummeln sich tausende kleiner glitzernder Leiber in der Sonne und tanken Energie.
Im März war Saisonstart für die Waldameisen. Nach winterlicher Kältestarre kamen zunächst Arbeiterinnen hervor, die im Hügel überwintert hatten, tankten auf der Nestkuppel Sonne und trugen als krabbelnde Heizkörper Frühlingswärme in den Bau, um ihre Kolleginnen zu wecken. Nach knapp drei Wochen war der Ameisenstaat aktiviert und Hunderttausende wuseln nun umher. Ameisenhügel sind Sonnenkollektoren und schaffen neben anderen Faktoren das für die aufwändige Brutpflege günstige und nötige Innenklima mit 25 bis 29 Grad Celsius.“
Von den Ameisen könnten wir lernen: Die Sonne suchen und aufsaugen und weitertragen. Und das, was mich im Herzen wärmt, zu anderen „in meinem Haufen“ bringen, die auch Wärme und Licht brauchen – Herzenswärme, Lichtpunkte, Hoffnungsschimmer, neue Energie. Schöne Erlebnisse und Erfahrungen weitererzählen – am Telefon geht das auch mit Abstand gut. Sich anstecken lassen von der Hoffnung, dass die Corona-Zeit überwunden werden kann, dass wir mit diesem Virus umgehen lernen, ihn beherrschen lernen – nicht sofort, nicht schon morgen, man kann es nicht zwingen, muss warten. Aber die Energie zum Warten können wir uns gegenseitig geben, können kleine Energielieferanten füreinander werden. Am Ufer zum Frühling, am Ufer zum neuen Leben, am Ufer zur neuen Gemeinschaft, zur neuen Lebendigkeit…
In der Bibel heißt es:
Geh hin und beobachte die Ameise, du Faulenzer!
Sprüche 6,6
Nimm dir ein Beispiel an ihr, damit du klug wirst.
Bleiben Sie zuversichtlich
Ihre Claudia Bitter
Für alle, die noch mehr über Waldameisen lesen möchten: www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten-und-spinnen/hautfluegler/ameisen/06607.html