Das Wort zum Tag

Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!„, fordert Jesus im 6. Kapitel des Lukasevangeliums, Vers 36. In der Genfer Übersetzung ist der Textabschnitt, aus dem der Vers stammt, überschrieben mit „Grundregeln für das Verhalten gegenüber anderen

Grundregeln? Wozu brauchen wir Grundregeln für das Verhalten gegenüber anderen? Ist es nicht selbstverständlich, dass für uns gilt: Was du nicht willst, das man dir zu, das füg auch keinem andern zu!

Offenbar klappte es schon zur Zeit Jesu nicht damit einverstanden und, so scheint es, erst Recht nicht. Die Missachtung der Regeln in Zeiten von Corona sind da ein erschreckendes Beispiel. Wohin Unbarmherzigkeit führt, hat Pfr. Johanning in seinem Wort zum Samstag sehr deutlich beschrieben. Wenn man sich anschaut, wie sich der Begriff barmherzig bzw. Barmherzigkeit im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat, dass eines immer gleich geblieben ist: die Hinwendung zum Mitmenschen: um den, der arm, gering, schwach ist.
Der/die Barmherzige hat Mitleid, lässt sich vom Schicksal des Mitmenschen berühren, kann milde Nachsicht üben, besitzt Herzensgüte. Diese Begriffe finden sich in Erklärungen und Definitionen des Wortes barmherzig bzw. Barmherzigkeit.

Nur, wie gehe ich damit um? Kann ich milde Nachsicht üben im Umgang mit meinen Mitmenschen? Lasse ich mein Herz sprechen gegenüber meinem/meiner Nächsten? Das wird mir nicht in allen Lebenslagen gelingen. Das weiß ich. Und auch den Menschen zur Jesu war klar, dass diese Forderung Herausforderung und auch manchmal Überforderung bedeutet.
Am Ende des Gleichnisses vom barmherzigen Samariter bekommt der Pharisäer von Jesus den Rat: „Geh nach Hause und mach es so wie der Mann aus Samaria!“ Ob er die Aufforderung umgesetzt hat, wissen wir nicht. Wir können das immer nur versuchen im Umgang mit unseren Mitmenschen.

Wie ein Gebet um Unterstützung ist das Lied 419 im Gesangbuch.

Hilf, Herr, meines Lebens,
dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.

Hilf, Herr, meiner Tage,
dass ich nicht zur Plage meinem Nächsten bin.

Hilf, Herr, meiner Stunden,
dass ich nicht gebunden an mich selber bin.

Hilf, Herr, meiner Seele,
dass ich dort nicht fehlen,
wo ich nötig bin.

Hilf, Herr, meines Lebens,
dass ich mich vergebens
hier auf Erden bin.

Bleiben Sie behütet und wenn’s geht, auch geduldig.

Ihre Dorothe Müller