Dienstag, 12.Mai 2020
Genau hinsehen!
Neulich auf einer Radtour. Wir fahren mit unseren Rädern achtlos an einer Kreuzwegstation vorbei. Einige Meter weiter bremsen wir doch ab. Wir drehen um und machen auf der Bank neben der alten Steinsäule Pause. Dann erst nehmen wir wahr, dass irgendein freundlicher Mensch zu dem verwitterten Kreuzwegbild moderne Engel gestellt hat. Und eine Laterne aus Holz. Aber auch diese Figuren stehen schon eine ganze Weile dort; das sieht man ihnen an. Das Holz ist schon morsch, und an manchen Stellen zeigt sich schon der Rost. In Ruhe schaue ich mir das ganze Ensemble näher an. Drei unterschiedlich große Engel sind mir zugewandt. Sie haben freundliche Gesichter. Zwei der Engel leuchten mit einer Laterne. Ein Bild, das mich anrührt. Fast wäre ich daran vorbeigefahren.
Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen.
Immer wieder beginnt ein Satz der Bibel mit den Wörtchen siehe oder seht. Im Alten wie im Neuen Testament. Seht! Wir werden dazu aufgerufen, genau hinzusehen. Offensichtlich stehen wir in unserer Betriebsamkeit in der Gefahr, an kleinen und doch wichtigen Dinge im Leben vorbeizufahren, sie zu übersehen. Wir sollen aber unsere Augen aufmachen, innehalten, die kleinen Details erkennen und entdecken. Der größere Engel zum Beispiel, der hat nur noch einen Flügel. Der andere ist abgefallen, liegt nutzlos neben dem Engel. Mit einem Flügel kann er aber nicht mehr fliegen. Er muss hier bleiben. Hier auf Erden. Er muss jetzt auf die aufpassen, die an seinem Radweg vorbeikommen. Augen auf für die kleinen Geschenke Gottes auf unseren Wegen! Sie sind leicht zu übersehen.
Ihr Hartmut Görler