Das Wort zum Tag

Mittwoch 13. Mai 2020

#Herz #Freude

Geh aus, mein Herz, und suche Freude…

So fängt ein Lied an, das mich immer froh stimmt. Die Melodie ist erfrischend und hat Tempo. Und der Text stimmt irgendwie. Es gibt ja Tage, da ist manches vertrackt und manches klappt nicht oder ich selbst bin mit dem falschen Bein zuerst aufgestanden. Sicher bin ich damit nicht allein. Ich kann dann vor mich hin schimpfen, kann mich ärgern und das Sch…-Ding in die Ecke pfeffern, das nicht richtig funktioniert. Ich kann zum hundertsten Mal versuchen, einen Gedanken auf den Punkt zu bringen, und es klingt immer noch irgendwie komisch und wird keine Predigt. Dann muss ich mal raus und was anderes machen, meinen Kopf leeren, irgendetwas tun, was mich ablenkt und mich auf andere Gedanken bringt. Vielleicht reicht es schon, wenn ich einfach den Abwasch mache. Aber wenn ich ehrlich bin, habe ich schon als Kind Abwaschen schrecklich langweilig gefunden.

Dann tut es mir gut, rauszugehen, unter Menschen, an den Fluss, auf die Weiden, an den Platz mit Aussicht. Oder mich einfach aufs Fahrrad zu schwingen und mir den Ärger aus dem Körper zu strampeln. Geh aus, mein Herz – geh aus dir heraus, verlasse das, was dich so sehr beschäftigt, suche einen neuen Blick, eine andere Perspektive. Dann kannst du wieder froh werden.

Das ist auf jeden Fall eine gute Methode, trübsinnige Tage heller zu machen und sich selbst wieder aufzurichten.

Paul Gerhard hat das Lied gedichtet für seine Frau Anna, seine Herzensfrau. Sie ist „mein Herz“. Immer wieder fiel sie in ein dunkles Loch. Gründe genug hatte sie – Es war die Zeit des 30-jährigen Krieges, als in alle Dörfer und Städte soviel Gewalt und Chaos getragen wurde und das Sterben allgegenwärtig war. Dazu kam, dass sie ein Kind nach dem anderen gebar und wieder verlor. Dazu noch die Repressionen durch den preußischen Staat, die auch Paul Gerhard als lutherischer Pfarrer in reformierter Umgebung zu spüren bekam. Gründe genug zur Düsternis hatte sie. Paul Gerhardt dichtet dieses Lied für sie und rät: Geh aus, mein Herz, suche die Freude.

Ich lerne aus diesem Lied: Ich selbst kann einen Schnitt machen, bin nicht von meinen Stimmungen und Ärgernissen beherrscht, sondern kann ganz bewusst etwas beginnen, was mich froh stimmt, das Herz öffnen für etwas, was mir die traurige Stimmung vertreibt. Ich bin der Düsternis nicht ausgeliefert.

Ein bisschen ist das Lied auch Küchenpsychologie – wie die Mutter, die das Kind nach einem Sturz tröstet und sagt: Wenn du heiratest, ist alles wieder gut. Aber eigentlich beschreibt das Lied eine Kraft jenseits von Schicksal und Bedrängnis. Es ist wie ein Gemälde der Freude und sagt: Guck doch mal hin auf die Schönheit, das Wachsen und Werden um dich herum. Auch das ist Natur. Nicht nur das Kranksein und Sterben. Nimm die Schönheit war, nimm wahr, wie alles wächst und gedeiht. Und spüre, dass Gott es ist, der dich damit stärkt.

„Ich selber kann und mag nicht ruhn,
des großen Gottes großes Tun
erweckt mir alle Sinne.
Ich singe mit, wenn alles singt,
und lasse, was dem Höchsten klingt,
aus meinem Herzen rinnen.“ (EG 503,8)

Vielleicht finden Sie auch die Freude und lassen sie aus dem Herzen rinnen.

Ihre Pfarrerin Claudia Bitter