Das Wort zur Wochenmitte

Was alles so hängen bleibt

Der Februar hat viel Regen gebracht. Unser Fluss war breit und bräsig unterwegs. Der Wasserstand war hoch. Das Wasser war schlammig und schnell. Es hat viel aufgewühlt. Die Strömung war ungebremst durch die Wehre. Bäume und Sträucher am Ufer hat sie mit sich gerissen. Auf manchen Ausgleichsflächen sind Seen entstanden. Eine ungemütliche Zeit. Aber Regen brauchen wir ja. 

Die starken Regenfälle vom Februar sind vorbei. Der März hat frühe Frühlingssonne gebracht. Wir genießen heute die wohl letzten Strahlen. Jetzt kann der Ruhrverband schon wieder mit den Wehren steuern, wie viel Wasser die Ruhr runterfließt. Jetzt kann man von der Brücke aus die Kiesel auf dem Boden der Ruhr sehen und unser Fluss bleibt wieder in seinem Bett. Fast könnte man vergessen, wie es im Februar war. 

Aber vom Hochwasser ist einiges hängen geblieben. Das Gestrüpp hat sich am Brückenpfeiler verfangen. Und die geringe Strömung reicht nicht mehr aus, um es mit sich zu reißen. 

Woher das alles kommt, was alles mitgerissen wurde, wann das stetige Strömen des Wassers es wohl losreißen kann – all das können wir dem Gestrüpp am Brückenpfeiler nicht ansehen. 

Mich macht es nachdenklich: Was alles so hängenbleibt!!!

Meine Gedanken machen aus diesem Bild an unserem Fluss ein Bild vom Leben. 

Der Fluss des Lebens hat auch manche Strömung, manches Hochwasser, das Gestrüpp mit sich reißt. Und dieses Gestrüpp bleibt in unseren Seelen hängen. Und die Lebensströme zerren dran und manches löst sich plötzlich mit Kraft. So beschreiben Psychologen das, was ein Trauma in uns bewirkt. Die Psychologen sprechen davon, dass etwas in uns angetriggert wird. 

Der Krieg in der Ukraine ist für viele alte Menschen bei uns so ein Trigger. Da wird so viel aus der Kriegs- und Fluchtgeschichte der Deutschen wieder angetriggert und mitgerissen. Wer einmal Opfer geworden ist, ist davor nie sicher.

Auch darum stimmt es: Krieg darf nach Gottes Willen nicht sein. Nicht noch mehr Opfer. Nicht noch mehr, die immer wieder Opfer werden. 

Als Christinnen und Christen denken wir in dieser Passionszeit daran, wie Jesus Opfer geworden ist – Opfer der Willkür, Opfer der Mächtigen. Jesu Kreuz ist das Zeichen dafür, dass Gott sich auf die Seite der Opfer stellt. Gott will, dass sie geschützt werden, dass sie neue Geborgenheit finden, dass sie Frieden finden. 

Das ist ein Ziel, was wir jetzt als Christinnen und Christen und Mitmenschen verfolgen können, auch wenn wir ohnmächtig sind und den Krieg nicht verhindern können. 

***

Am Welttag der Poesie haben Kinder für die Zeitung „Elfchen“ geschrieben. Elfchen sind kleine Gedichte aus elf Wörtern. Die Kinder haben Elfchen für den Frieden verfasst. Manche haben mich berührt:

EinKRIEGen
Ukraine-Russland
Kriegt euch ein
Redet einfach friedlich miteinander
FRIEDEN 

– Piet (11) –

Krieg
Warum nur?
Er soll aufhören!
Frieden suchen, Frieden finden
Hoffnung

– Paul (7) –


Krieg 
verursacht Leid
nie eine Lösung
reden und Leben retten
Frieden

– Clara (12) –

Hallo
Hörst du?
Frieden des Herrn
Ein Bitte, so einfach
Amen

– Johann (8) –

Um Frieden beten wir. 

Zuhause.

Am Steinlabyrinth in Villigst auf dem Weg. 

Im Gottesdienst in den Kirchen sonntags oder in den Altenheimen mitten in der Woche.

Bei der Friedensandacht mittwochs um 11.30 Uhr in St. Viktor. 

Um Frieden beten wir: 

Nicht noch mehr Opfer!!! Gott!!! Amen

Ihre Pfarrerin Claudia Bitter