Das Wort zum Tag

Dünnes Eis – so fühlt es sich für mich an, wenn ich an die anrollende dritte Welle denke und das gleichzeitige Bestreben vieler, nach harten Monaten der Entbehrung nun endlich auch wieder Bestimmungen zu lockern. Werden die Zahlen einbrechen und wieder massiv Opfer fordern? Wird, wie in manchen Ländern, das Gesundheitssystem zusammenbrechen oder die Wirtschaft? In jedem Fall trifft es Menschen, Junge und Alte.

Dünnes Eis – es fühlt sich für mich derzeit so an, als seien wir mitten auf einer Eisfläche, auf der es unter unseren Füßen bedrohlich knackt, egal in welche Richtung wir vorsichtig einen Schritt setzen.

Wen wundert es da, dass sich Menschen nach Mallorca wünschen, dass andere ihren Frust ablassen und die Fehler „der Politik“ anprangern, dass einige lautstark demonstrieren, andere die Hygieneauflagen bewusst ignorieren, viele sich aber an die Regeln halten, manche sich ihrem Schicksal ergeben… .

Letztlich helfen weder Flucht noch Erstarren, sondern es hilft nur zu akzeptieren, dass wir uns immer noch auf dünnem Eis befinden – wobei es weltweit in vielen Ländern den Menschen ungleich schlechter geht als uns. Letztlich hilft es nur, bei aller Unsicherheit und Sorge besonnen und überlegt zu handeln. Um vom Eis zu kommen, muss man Schritte wagen, muss man abwägen, voraus schauen, mutig sein und bei jedem Schritt darauf achten, was er für Folgen hat. Um vom Eis zu kommen ist es gut einander beizustehen, sich an die Hand zu nehmen, sich Mut zuzusprechen und, sollte jemand doch einbrechen, ihm oder ihr herauszuhelfen. 

Von Herzen wünsche ich mir für dieses Jahr ein Osterfest, in dem wir aufatmen, unbeschwert zusammen sein und auch wieder feiern könnten. Leider fühlt es sich derzeit anders an, eher wie Jesu Weg nach Jerusalem mit der Ahnung, dass ihm Leiden nicht erspart bleiben wird, dass ein kurzes Hosianna auch ein Trugschluss sein könnte und in ein Kyrie eleison münden mag, dass ihn statt Krönung die Kreuzigung erwartet. Dünnes Eis damals auch für Jesus. Er trat nicht die Flucht nach Ägypten an. Wenn auch mit unsicherem Schritt und der Bitte zu Gott, er möge ihm das Leid ersparen, ist Jesus den Weg gegangen, nach Jerusalem, ans Kreuz. 

Heute wissen wir jedoch, dass sein Weg der Ausweg war, der Weg zu neu geschenktem Leben. Ostern steht am Ende des dünnen Eises. Zweckoptimismus? Einfältiges Hoffen? Vielleicht.

Für mich besteht jedoch mit Passion und Ostern die begründete Hoffnung, dass Gott selbst in schwersten Zeiten zu seiner Menschheit hält, dass er ihr beisteht, dass er sie an der Hand hält – und so auch Zeiten dünnen Eises überstanden werden. 

Dieser Gedanke macht mir Mut, nicht zu zerbrechen an dem Knacken unter meinen Füßen und dem Gefühl auf dünnem Eis zu sein. Dieser Gedanke macht mir Mut, mich vorwärts zu bewegen, zusammen mit anderen dem dünnen Eis zu trotzen und Schritt für Schritt weiter auf dem Weg zu sein. Denn wir kommen von Ostern her und gehen auf Ostern zu.

„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; 
aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“

1. Korinther 13,13

Ihr/Euer Achim Dreessen