Mit Liebe überschüttet — mit Trost gesalbt
Seine Tage sind gezählt. Nicht mehr lange kann Jesus mit seinen Freundinnen und Freunden zusammen sein.
Er will sie vorbereiten – sie wollen es nicht hören. Er will sich verabschieden – sie wissen gar nicht, wie sie darauf reagieren sollen. Er ahnt das Schlimmste – sie wollen es nicht wahrhaben. – Ganz nahe sind sie sich immer gewesen – aber jetzt legt sich ein Schatten auf ihr Zusammensein. Drückend legt sich auf sie, was Jesus vom Abschied, vom Sterben Müssen zu ihnen sagt. Sie wissen gar nicht, was sie sagen sollen. Weichen aus, reden über Belangloses, können nicht mit dem Abschied umgehen. Was können sie denn überhaupt noch für ihn tun? Wenn es zu Ende geht, bleibt doch nichts zu tun. Oder?
Eine fremde Frau tut etwas. Und sie tut Jesus gut. Sie kommt in den Kreis der Jüngerinnen und Jünger und gießt Jesus eine ganze Flasche kostbarstes, teuerstes Salböl über den Kopf, über sein Haar. Ganz verschwenderisch. Sie tut etwas statt zu reden, ist ihm ganz nahe – ihre Hände streichen über Kopf und Hals und Nacken, spüren die Anspannung in den Muskeln, massieren das kostbare Öl ein und machen die raue Haut geschmeidig. Sie tut etwas und tut Jesus gut.
Und Jesus? – Jesus genießt es. Den kostbaren Duft, den ungewohnten Wohlgeruch, spürt wie das Öl seine raue Haut streichelt und glatt macht. Dankbar ist er und genießt, was sie schenkt.
Jesus genießt es – denn er weiß ja auch, was vor ihm liegt, er weiß, womit er rechnen muss. Das friedliche Miteinander wird bald vorbei sein. Die Menschen werden damit aufhören ihm zuzujubeln. Er rechnet damit, dass seine Gegner sich gegen ihn verbünden werden. Und dann wird es nicht mehr nur Streit mit Worten geben. Sie werden Gewalt anwenden.
Jesus rechnet damit, dass harte Hände ruppig zupacken werden, dass man ihn verletzen wird, dass er große Schmerzen ertragen muss. Man wird mit ihm nicht zimperlich umgehen. Vieles wird er erleiden müssen.
Und so genießt er diesen Augenblick, in dem diese Frau sich so verschwenderisch ihm zuwendet, so verschwenderisch ihre Liebe zeigt. Jesus genießt ihre Wohltat. An Leib und Seele.
„Welch eine Verschwendung!“ „Wie kannst du nur???“ „Gießt das teure Öl einfach so über seinen Kopf!!!“ „Wie viel Geld hätte man da sparen können!“ „Wie viele Arme hätten wir speisen können!“ Die Stimmen überschlagen sich, empört werfen die Freunde der Frau Verschwendung vor. Sie haben nicht gemerkt, wie Jesus diese unerwartete verschwenderische Wohltat genießt, wie sehr auch er die Zuwendung braucht. Berührt werden an Leib und Seele – auch Jesus braucht es, so gestärkt zu werden!
Seine Freunde und Freundinnen merken es nicht und reden über Geld – nicht über den Abschied, nicht über die Angst, nicht über die Not – sie reden über Geld.
Die Frau wird ganz verlegen. Aber Jesus nimmt sie in Schutz – „Von ihr wird man erzählen, weil sie mir Gutes getan hat, als ich es brauchte.“
Zuwendung, Wohltaten für Leib und Seele – wenn wir nichts mehr tun können – das können wir noch tun. Irgendwann hilft kein Reden mehr. Aber eine Hand die festhält und guttut – die hilft.
Die Frau drückt mit dem, was sie tut, unmittelbar ihre Liebe aus – eine Liebe, die nicht aufs Geld schaut, sondern nur auf den, der die Liebe empfängt.
Wie gut, wenn sie zum Vorbild wird für alle, die einem Menschen in Krankheit und Schwäche beistehen, stärken wollen, Nähe zeigen wollen. Darum soll man von der Liebe dieser Frau reden, immer wenn von Jesu Tod und Auferstehen die Rede ist.
Danke für dieses Vorbild., sagt
Ihre Claudia Bitter
Im Trostpsalm vom guten Hirten wird das zur Glaubenserfahrung:
„Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Psalm 23,5-6
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang.
Und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“