Jeder kennt sie, kaum einer hat sie von Nahem gesehen. Die Rede ist von der kleinen Glocke an der Außenseite des Kirchturms von St. Viktor – vom Marktplatz aus gut zu erkennen. Im Rahmen der Sanierungsarbeiten am Turmhelm wurde sie am vergangenen Mittwoch herabgelassen und vom Glockensachverständigen Dr. Peter und von der Denkmalschützerin Dr. Heine-Hippler inspiziert. Auch für fachfremde Betrachter wird schnell deutlich: so klein ist die kleine Glocke gar nicht. Sie misst immerhin einen Durchmesser von 557 mm und kommt auf ein Gewicht von mindestens 130 kg. Erst jetzt sind die tatsächlichen Schäden erkennbar. Die Glocke saß nicht mehr fest am Auslegerbalken. Sie hat sich an die Außenhaut des Turmhelms angelehnt und konnte von daher nicht mehr klingen. Die Glocke zeigt außen am Schlagring eine auffällige Abnutzung durch den Uhrschlaghammer, so dass es zu einer Verschwächung der Glockenwand gekommen ist. Mit einem Stahlseil war sie langezeit gesichert, um ein Abstürzen zu verhindern. Schon im Jahr 2018 wurde sie von der Kirchengemeinde stillgelegt. Die Glocke wurde 1423 von einem unbekannten Künstler gegossen. Sie ist somit die älteste erhaltene Glocke der Stadt Schwerte. Sie ist damit noch einmal 100 Jahre älter als der Anterwerpener Altar in der St. Viktor Kirche. Im Inneren zeigt sie Anschlagspuren eines Klöppels. Folglich handelt es sich um eine Glocke, die früher zum Läuten diente. Zu diesem Zweck muss sie in der Glockenstube oder in einem Dachreiter über dem Chor gehangen haben. Möglicherweise ist sie in den 1890er Jahren an den jetzigen Standort gekommen und hat dort eine Vorgängerglocke abgelöst.

Jetzt soll die Glocke in den Niederlanden zeitnah restauriert werden, damit sie noch während der Standzeit des Gerüsts an St. Viktor wieder aufgehängt werden kann. Damit bleibt die Glocke mit ihrem unschätzbaren Denkmalwert der Nachwelt erhalten und kann bei besonderen Anlässen erklingen. Der Stundenschlag wird zukünftig von einer der sieben Glocken in der Glockenstube von St. Viktor übernommen.