Ostergruß aus Pjatigorsk

Ostern 2019

Österliche Freude in Russland

Wenn Vater Anatolij am Ostermorgen den Gottesdienst und seine Gemeinde verlässt, dann haben alle orthodoxen Christen – weltweit – eine lange Nacht hinter sich. Das Osterfest ist Höhepunkt des liturgi­schen Jahres und Herzstück des Gottesdienstes des ganzen Jahres. Um Mitternacht entzünden die Gläubigen ihre Kerzen an der des Priesters. Er singt: „Christus ist auferstanden von den Toten und hat den Tod überwunden und denen, die im Grab ruhen, das Leben gebracht.“ Nach dem Läuten der Glocken, im Schimmer der Kerzen in der Hand der Gläubigen, stimmt er den Oster­kanon des Johannes von Damaskus an. „…Nun ist alles mit Licht erfüllt, Himmel, Erde und Un­terwelt. So feiert denn die gesamte Schöpfung Christi Auferstehung!“ Priester und Diakone, die Gläubigen untereinander küssen sich, jubilieren, rufen sich zu: „Christus ist auferstanden und antworten:

 Christus ist wahrhaftig auferstanden!“

Die Mitglieder der ökumenischen Partnerschaft aus Schwerte und Pjatigorsk wünschen allen ein gesegnetes und fröhliches Osterfest 2019

In und vor den Gotteshäusern werden Osterkuchen, Osterquark und Eier gesegnet. Die Gläubigen tragen mit den geweihten Ostergaben den Segen des Osterfestes in die Familien.

Die Woche zwischen Palmsonntag und Ostern, die „Heilige Woche“ ist die am intensivsten ge­prägte Zeit des Orthodoxen Kirchenjahres. Sie wird nach dem Julianischen Kalender gefeiert. In unserem Jahrhundert bedeutet das, dass der Unterschied zwischen den Julianischen und Gregori­anischen Kalender 13 Tage normalerweise zeitverzögert abläuft. Ostern wird in Russland in diesem Jahr  am 28.April gefeiert. Die ganze Woche nach Ostern, die den Namen „Weiße Woche“ trägt, dauern die Oster­feierlichkeiten an.

Und dann kommt meine Gesprächspartnerin ins Erzählen:

„Den ganzen Freitag und Samstag vor Ostern haben wir gebacken und gekocht, um am Oster­samstagabendsind wir mit unserem Osterkuchen zur orthodoxen Kirche gegangen. Die Großmutter und die Tante waren sehr gläubig. Auch in der Stalinzeit haben sie die Verbote igno­riert und Weihnachten und Ostern gefeiert. Die ganze Nacht waren die Großmutter und die Tante an Ostern in der Kirche. Und am Ostersonntag früh wurde das Osterfest mit allen Ver­wandten gefeiert. ‚Christos woskrese – Der Herr ist auferstanden!’ Und man gab sich die Hand, und man küsste sich je dreimal auf die Wangen, und der Kulitschwurde angeschnitten…“

Den Segen nach Haus bringen

Der braune Kulitsch (Symbol für die Erde) und die weiße Pascha, eine Quarkspeise mit viel Butter und viel Zucker (Symbol für das wiederkehrende Licht), sind die besonders üppigen Süßspeisen nach der wochenlangen vorösterlichen Fastenzeit. Sie werden am Ostersamstag zur orthodoxen Kirche getragen und vom Priester geweiht. Nach der Auferstehungsmesse wird beim Licht der Osterkerzen in den Häusern gegessen und getrunken, bis die Sonne auf­geht.

Christos Voskrese – Voistinu Voskrese!

Christus ist auferstanden –

Christus ist wahrhaftig auferstanden!

Karl F. Kruschel, im März 2019