Lesen Sie hier die Rede, die Pfarrer Hartmut Görler anlässlich der Fridaysforfuture Demonstration vor den Schüler*innen am Schwerter Rathaus gehalten hat.
Liebe fridaysforfuture-Bewegung,
liebe Schwerter Schülerinnen und Schüler,
soll ich euch mal was sagen: ich bin stolz auf euch; ich bin stolz darauf, dass ihr hier seid, total beeindruckt davon, dass ihr euch auf den Weg gemacht habt. Ihr wollt euch mit den klimatischen Veränderungen auf unserer Welt nicht abfinden wollt. Ihr wollt Verantwortung übernehmen für unsere gemeinsame Zukunft und ihr wollt den Verantwortlichen Beine machen. Und darauf bin ich stolz. Dafür bin ich dankbar. Endlich ist der Klimawandel nicht nur eine Diskussion auf intellektueller Ebene. Endlich gibt es euch. Eine weltweite Bewegung, initiiert durch den Mut einer 15jährigen Schwedin.
Ich bin aber nicht nur stolz auf euch, ich auch beschämt. Ich stehe hier für eine Generation von Erwachsenen, die schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben und mitten im Leben stehen. Wir haben unseren Beruf. Viele von uns haben eine Familie, ein Auto. Wir machen Urlaub, leben unser Leben. Aber viele von uns, und ich schließe mich selber mit ein, sind viel zu bequem, viel zu angepasst, viel zu unpolitisch, viel zu harmlos. Wir informieren uns über den Klimawandel.
Wir bilden uns unsere Meinung, aber wir ändern nichts. Wir kriegen den Arsch nicht hoch und machen einfach so weiter wie immer. Wir sogenannten Erwachsenen. Nein, wir sind nicht erwachsen. Wir sind was den Klimawandel angeht Kinder. Wir verschließen die Augen vor der Wirklichkeit. Ihr aber steht hier und öffnet uns die Augen. Danke für euer Engagement, danke dass ihr nicht so angepasst seid wie wir. Danke für euren Weitblick. Danke, dass ihr hier seid.
Denn auch wenn wir keine Naturwissenschaftler sind, sind die klimatischen Veränderungen überall sichtbar und greifbar.
Da dringen auf einer russischen Insel Eisbären in Scharen in menschliche Häuser ein weil ihre Eiswelt unter ihrem Hintern wegschmilzt.
Gletscher tauen ab wie seit Jahrhunderten nicht mehr.
Schwere Überschwemmungen nehmen statistisch gesehen immer mehr zu,
Unwetter werden immer extremer.
Und das zurückliegende Jahr 2018 war das heißeste in Deutschland seit Aufzeichnung der Wetterdaten.
Wer bei all diesen Symptomen behauptet, das sei alles Zufall, verschließt die Augen vor der Wirklichkeit.
Ihr wollt eure Augen nicht verschließen, ihr wollt nicht weggucken, ihr wollt euch einsetzen dafür, dass endlich alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um die zerstörerische Gesamtentwicklung abzubremsen und umzubiegen. Ihr wollt, dass endlich was passiert.
Wahrscheinlich wisst ihr, dass ich hier nicht nur als Erwachsener stehe, sondern auch als Vertreter der Kirche, als evangelischer Christ. Ich glaube, dass Gott irgendwie und auf wunderbarer Weise die Welt geschaffen hat. Ich glaube auch, dass Gott uns Menschen eine Verantwortung übertragen hat, für seine Welt zu sorgen. Sich für Klimagerechtigkeit und nachhaltiges Wirtschaften einzusetzen, ist unmittelbar mit unserem Menschsein verbunden. Und auf der Straße zu stehen und friedlich darum zu werben, die von der UN-Klima-Konferenz gesteckten Klimaziele auch umzusetzen, ist eine Form des christlichen Glaubens. Im Herbst letzten Jahres hatten wir hier in Schwerte in unserer Kirchengemeinde 16 Klimapilger für eine Nacht zu Gast. Die sind von Bonn nach Katowitz gepilgert, über Wochen hinweg, um als Christen die Verantwortung für die eine Welt öffentlich zu bekunden.
Ihr macht es auf eure Weise. Und das macht mich glücklich. Ob die Demonstrationen innerhalb eines Schulvormittages der richtige Zeitpunkt sind, ist nicht meine Aufgabe zu klären. Ich finde aber: der Einsatz für die Zukunft unserer Welt braucht ungewöhnliche Aktionen, ungewöhnliche Orte und ungewöhnliche Zeiten. Der Einsatz für das Klima braucht Menschen, braucht euch, und ich hoffe und wünsche uns so sehr, dass euer Einsatz und euer Mut auch andere anstecken: Lehrerinnen und Lehrer, Väter und Mütter, Chefs und Angestellte, Alte und Junge, und ich hoffe, dass auch meine Kirche eine klimabewegte Kirche ist oder wird: eine laute Stimme Gottes mitten in der Welt. Die Welt braucht euch. Die Welt braucht uns. Danke fridaysforfuture. Danke, dass ihr hier seid.