Liebe Leserin,
lieber Leser,
es gibt wohl kaum ein Naturschauspiel, das so oft bestaunt und in Kunst, Musik und Poesie verewigt wurde wie der Sonnenuntergang. Wenn die Sonne hinter dem Horizont verschwindet und den Himmel in warmes Rot und Gold taucht.
Auch ich selbst komme zur Ruhe, wenn ich einen Sonnenuntergang beobachte, wie kürzlich im Urlaub in Holland am Meer. Vielleicht liegt es daran, dass der Sonnenuntergang mich am Ende eines Tages zum Innehalten und Nachdenken einlädt. Die untergehende Sonne verkörpert den Übergang vom Tag zur Nacht –eine Gelegenheit, sich noch einmal dankbar an den Tag zurückzuerinnern, um ihn dann in die Nacht zu entlassen.
Obwohl der Sonnenuntergang ein Zeichen für die einbrechende Nacht und die bedrohliche Dunkelheit ist, hat dieses Naturspektakel seit jeher etwas Beruhigendes. Auch wenn ich am Meer stehe und die Sonne für mich in diesem Moment im wahrsten Sinne des Wortes untergeht.
Vielleicht liegt es daran, dass es so langsam und gleichmäßig geschieht.
Oder weil es so scheint, als würde die Sonne hinter dem Horizont verschwinden – mehr Transzendenz, mehr „Grenzüberschreitung“, geht nicht.
In meinem Lieblingspsalm 139 heißt es dazu passend:
Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten. Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein –, so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht.
Auch der Psalmbeter scheint bei dem Anblick eines Sonnenuntergang Erfahrungen mit Transzendenz gemacht zu haben.
Das Abendlied „Der Tag mein Gott, ist nun vergangen“ (EG 266) beschreibt den Sonnenuntergang genauso schön als Gottes guten Lauf der Dinge:
4. Die Sonne, die uns sinkt, bringt drüben den Menschen überm Meer das Licht: und immer wird ein Mund sich üben, der Dank für deine Taten spricht.
Ich freue mich auf die Sonnenuntergänge in den nächsten Tagen. Der November zeigt sich uns ja gerade von seiner sonnigen Seite.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr Jannis Graf