Das Wort zur Wochenmitte

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Liebe Leserin, lieber Leser,

sollten Sie einen Garten besitzen, so haben auch Sie sicherlich schon unliebsame Bekanntschaft gemacht mit Arion vulgaris – und nicht nur Sie, sondern insbesondere Ihre Gemüsepflanzen und Blumen. Ihr Name ist bereits Programm: „Spanische Wegschnecke“ – und eine Wegschnecke muss weg! Zurück dorthin, wo sie herkam! Abschiebung in ganz großer Art! Doch Spanien würde sich bedanken, denn von dort stammt sie gar nicht, allenfalls aus Portugal. Die Nacktschnecke, die sich in Westeuropa stark ausgebreitet hat, ähnelt zwar der in Portugal beheimateten Arion lusitarius, doch es handelt sich bei der Spanischen Wegschnecke um eine eigene Art. Nach dem warmen Winter und dem feuchten Frühjahr ist sie in großer Zahl da – als Schädling für die Landwirtschaft. Auch in unserem Garten hat sie Schaden angerichtet. Alle Versuche, ihr (durch Kupferbänder) den Weg zu versperren oder sie (durch Kaffeesatz) zu vergraulen, schlugen fehl. Letztlich half nur das morgendliche und abendliche Absuchen. An manchen Tages erschien es mir wie eine Aktualisierung der biblischen Plagen in Ägypten.

In dem schönen Lied Laudato si lautet die Strophe 5: „Sei gepriesen, du lässt die Vögel singen! Sei gepriesen, du lässt die Fische spielen! Sei gepriesen für alle deine Tiere! Sei gepriesen, denn du bist wunderbar, Herr!“

Sei gepriesen für alle deine Tiere? Bei Arion vulgaris, aber auch einigen anderen Tieren haben die meisten von uns ein Problem zu loben und zu danken. Man fragt sich vielmehr, warum manche Wesen eigentlich auf dieser Welt sind was sich Gott bei ihnen wohl gedacht habe. Ich habe darauf keine wirkliche Antwort. Was hilft es, dass Nacktschnecken auch irgendwie nützlich sein sollen, weil sie durch das Fressen von Kot für Hygiene im Boden sorgen, wenn sie sich doch viel lieber über zartes Gemüse hermachen?!   

Was mir eher hilft ist der Gedanke, ob es mir zusteht, über die Arion vulgaris zu richten. „Der Vater im Himmel lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte“, so sagt Jesus in der Bergpredigt. Zu beurteilen, wer zu den Guten zählt und wer zu den Bösen, steht uns nicht zu. Grenzen sind zumeist fließend; niemand ist nur gut oder nur böse. Zudem stellt sich die Frage, wie wir selbst in den Augen Gottes und in den Augen unserer Mitmenschen gesehen werden?

Mit der Spanischen Wegschnecke ist es wie mit dem Zusammenleben der Menschen: Man muss Wege finden, um halbwegs gut miteinander auszukommen – im Garten, in der Gemeinde, in der Gesellschaft.

Wir können den anderen nicht ändern. Wir können aber an uns arbeiten: dass wir uns beispielsweise nicht immer über alles aufregen, sondern das akzeptieren was nicht zu ändern ist. Und dass wir uns an Gutem erfreuen – dann verliert auch manch Nervendes an Gewicht. 

Die Schnecke und ich – wir werden keine Freunde, aber ist es nicht schön, dass es viel Wichtigeres und Schöneres im Leben gibt. Laudato si!

Ihr Achim Dreessen