Das Wort zur Wochenmitte

„Macht euch die Erde untertan“, heißt es recht vollmundig in der Anrede Gottes an die Menschen ganz am Anfang der Bibel. Dieser Satz ist Teil des sogenannten ersten Schöpfungsberichtes, verfasst vor etwa 2700 Jahren von einer Autorengruppe, die wohl zur Priesterkaste am ersten israelitischen Tempel in Jerusalem gehörte. Dieser Herrschaftsauftrag, wie ich ihn einmal nennen möchte, löst bei mir eine Menge innerer Widerstände aus. Der Mensch wird abgelöst von der Natur, heraus gehoben aus der natürlichen Umwelt, als sei er etwas Wichtigeres, Besseres. Er soll die Erde beherrschen, sich untertan machen. Nun könnte man die Reihe weiterschreiben: ausbeuten, ausnutzen, verbrauchen. Und damit wären wir ja tatsächlich auch in der Gegenwart angekommen. Wir Menschen sorgen dafür, und das immer mehr, dass die schöpferische Vielfalt auf diesem Planeten eingeht, dass Tier- und Pflanzenarten täglich unwiderruflich verschwinden, dass die Schöpfung krank und kränker wird. Und der homo sapiens sapiens, wie wir uns selber wissenschaftlich nennen – sapiens heißt übrigens „weise – sägt an dem Ast, auf dem er selber sitzt. Wir nehmen uns unsere eigene Lebensgrundlage, denn wir leben von dem, was die Erde uns gibt. 

„Macht euch die Erde untertan und herrschet…“ (Gen 1,28). Hätten die Autoren gewusst, welche Wirkungsgeschichte ihre Worte haben werden und wie sie den menschlichen Egoismus sogar religiös rechtfertigen, ich glaube, sie würden sich im Grabe umdrehen. 

Nun ja. Ich schaue noch einmal in an den Anfang der Bibel. Im zweiten Kapitel und damit im so genannten zweiten Schöpfungsbericht lese ich die inzwischen 3000 Jahre alten Verse: „Und Gott nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“ (Gen 2,15). Diese fast ältesten Worte der Bibel geben dem Menschen einen Pflegeauftrag. Hier vertraut Gott den Menschen seine Schöpfung zur Hege und zur Pflege an. Das hat für mich fast etwas Zärtliches gegenüber der Brutalität des Herrschafts-Befehls. Und ich denke: Ist es nicht genau das, was wir heute brauchen? Ein neues Verständnis vom Verhältnis des Menschen zu seiner Mitwelt. Gehören wir nicht in die Natur hinein? Mitten hinein? Sind wir nicht ebenso aus Wasser und Kohlenstoff wie alle anderen Lebewesen? Leben wir nicht ebenso von sauberem Wasser und gesunder Nahrung? 

Bevor wir also unsere Lebensgrundlage vollends zerstören und das Leben unseren „Enkeln“ noch schwerer machen, könnten wir umdenken. Als Christinnen und Christen könnte der Pflege-Auftrag wieder wichtig werden. Dann wären wir auf dem richtigen Weg, wieder im Einklang mit der Schöpfung und somit auch im Einklang mit Gott zu leben. Was für eine schöne Vision. Mir gibt sie Kraft! 

Ihr und Euer Tom Damm