Segensschnecke
Liebe Leserin, Lieber Leser,
Gartenfreundinnen und -freunde haben oftmals keine Freude an Schnecken. Fünfzig neue Kindergartenkinder, die mit ihren Eltern und Familien der Einladung zum Willkommensgottesdienst am Beginn der Kita-Zeit gefolgt waren, schlossen jedoch diese farbenfrohe Schnecke schnell in ihr Herz. Die Kinder wollten am Ende auch Tschüss zur Schnecke sagen und einige ließen sich mit ihr fotografieren.
Die bunte Schnecke hatte es im Gottesdienst gewagt, aus ihrem Schneckenhaus herauszukommen und schließlich mit mir durch ein großes buntes Tor zu gehen, das für all das Neue und Schöne eines Kindergartens steht. Die Schnecke war sympathisch gerade auch wegen ihrer Ehrlichkeit und ihres Zögerns am Anfang und dann wegen ihres abschließenden Mutes. Sie scheute zunächst vor dem Neuen zurück. Es flößte ihr Respekt ein und sie fühlte sich unsicher. Zudem wusste sie, was sie an ihrem eigenen Schneckenhaus an Geborgenheit und Sicherheit hat. Doch ihr wurde bewusst, dass sie nicht in Kontakt zu anderen kommen und keine neuen Kontakte knüpfen kann, wenn sie sich nicht auch traut, aus ihrem Haus herauszukommen. Ihr half es, dass ihr Verständnis gezeigt wurde für ihr Zögern, dass sie nicht bedrängt wurde und dass jemand mit ihr – in der ihr eigenen Geschwindigkeit – schließlich das Tor zu einem Kindergarten durchschritt. Am Ende war sie erfreut über all das Schöne, an dem sie nun teilhaben konnte.
Die Geschichte von der Schnecke, die aus ihrem Haus kommt, ist nicht nur eine Geschichte für Zwei- und Dreijährige. Für mich ist sie eine Lebensgeschichte für Jung und Alt. Mir selbst macht sie Mut, eigene Gefühle des Zögerns und der Unsicherheit vor Neuem anzunehmen, dann aber zu schauen, was mir Kraft und Mut gibt, auch dem noch Unbekannten aufgeschlossen zu begegnen. Zugleich lehrt mich die Geschichte, dass wir einander mitnehmen müssen auf den Weg in die Zukunft, dass wir einander verständnisvoll beistehen und gemeinschaftlich ermutigen. Es ist schade, wenn Menschen sich dauerhaft in ihr eigenes Schneckenhaus verkriechen, denn Jesus Christus beruft doch uns alle zum Leben. Er sagt zu, uns auf dem Lebensweg zu begleiten.
Übrigens: Das schöne Bild von der farbenfrohen Schnecke fand ich im Internet auf der Seite der Evangelischen Lukaskirchengemeinde Bonn. Meine Freude war doppelt groß als ich dort las, dass es sich um eine Segensschnecke handelt, die im dortigen Kindergottesdienst 2020 die Hauptfigur war bei einem Tütengottesdienst in der Coronazeit.
Möge die Schnecke und ihre Geschichte auch für Sie zu einer Segensschnecke werden.
Ihr Achim Dreessen
Gott sei vor dir, um dir den richtigen Weg zu zeigen.
Gott sei hinter dir, um dir den Rücken zu stärken.
Gott sei unter dir, um dich aufzufangen.
Gott sei in dir, um dich zu trösten.
Gott sei über dir, um dich zu segnen. Amen