Liebe Leserin, lieber Leser!
Ab und zu höre ich gern den berühmten Song von Julie Gold „From a Distance“. Vielleicht kennen Sie ihn auch von Cliff Richard oder Bette Midler. Ich lasse den Text auf mich wirken. Er ist beruhigend. Entspannend:
„Aus der Ferne sieht die Welt blau und grün aus, und die Berge sind schneebedeckt. Ozeane und Ströme treffen sich, und der Adler schwebt über all dem.“ Und dann der Refrain: „Aus der Ferne spürt man Harmonie, die sich wie ein Echo durch das Land zieht. Und ich höre die Stimme von Hoffnung, von Frieden. Es ist die Stimme der Menschheit.“
Natürlich klingt das auf Englisch noch poetischer. Aber Julie Gold, die das Lied 1985 gedichtet und komponiert hat, hat Recht. Wenn man sich dem eigenen Schlamassel mal entziehen kann, mal rauskommt, dann sie die Welt schon ganz anders aus. Die alltäglichen Sorgen verblassen und die persönlichen Konflikte erscheinen banal. Das große Ganze gerät langsam in den Blick, und damit die Schönheit des Lebens und der Schöpfung.
Das gleiche Gefühl habe ich zuweilen auch, wenn ich in den Urlaub fliege. Das geschieht aus ökologischen Gründen nur ab und zu mal. Aber über den Wolken zu schweben, das enthebt mich dem „Kleinklein“ meines Alltags. Und mein Horizont wird viel weiter. In diesen Situationen denke ich an die Psalmisten, die großen Dichter unter den alten Hebräern. „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“, sinniert und betet einer von ihnen (Die Bibel, Psalm 31,9). Und schon indem ich mir diese Worte vor Augen und Ohren rufe, kehrt Erleichterung in Körper und Seele ein. Ich fühle mich den Sorgen entzogen und darf befreit aufatmen.
Versuchen Sie es auch einmal. Sagen Sie sich diesen Satz langsam und bewusst ein paarmal vor, lassen Sie ihn wirken. Ich verspreche Ihnen, er tut seine gute Wirkung. Und so dürfen wir alle eine Horizonterweiterung erleben, ob wir nun in den Urlaub fliegen oder nicht. Wir dürfen unsere Sorgen und Vorurteile fahren lassen und mit Gottes Augen auf uns und die unseren blicken, auf das Leben und die Welt.
Ich wünsche Ihnen in diesem Sommer immer wieder diese hilfreiche Erfahrung: Distanz nehmen und aus der Ferne auf das „Kleinklein“ unseres beengten Alltags blicken; sehen, wie wir uns manchmal in unserem Schlamassel verstricken und mit einem Lächeln darauf blicken; dankbar sagen oder beten: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“; und auf Spotify oder Apple Music oder YouTube mal suchen: Julie Gold, From a Distance“. Mich hat es übrigens auch zu einem kleinen Gedicht inspiriert:
Alles Liebe und Gute!
Tom Damm
Ich schwing mich mit den Winden auf,
betrachte meines Lebens Lauf
bewusst mal aus der Ferne.Was kleinlich ist, das wird ganz klein;
was gut und groß, das nimmt mich ein
und ich betracht es gerne.Das Unwichtige löst sich auf.
Was notwendig, nehm ich in Kauf.
So fliege ich und lerne.