Das Wort zur Wochenmitte

Liebe Leserin,
lieber Leser!

Kürzlich habe ich einen Besuch bei einer Freundin gemacht. Sie ist Imkerin. Dass sie auch Pfarrerin ist, spielt hier eigentlich nur eine untergeordnete Rolle. 

Imkerinnen und Imkern zolle ich in dieser Zeit einen großen Respekt, weil ihre Arbeit so wichtig ist. Dass ich auch gern einmal Honig auf meinem Brötchen esse, spielt hier auch nur eine untergeordnete Rolle. 

In der Zeit des Bienensterbens durch den Klimawandel wird uns tatsächlich neu vor Augen geführt, dass unsere Erde krank ist. Jeden Tag sterben 180 Tier- und Pflanzenarten aus. Vieles Lebendige auf unserem Planeten ist schon unwiderruflich verloren. Nur wir Menschen leben weiter vor uns hin, als wäre nichts geschehen. 

Foto: Tom Damm

Und nun die Bienen. Besonders die Wildbienen. Sie sterben gleich völkerweise. Und mit ihnen gehen die Bestäubungen zurück, und damit die Befruchtungen, und damit ein Teil der Früchte, die uns ernähren. In China hat man inzwischen unzählige Menschen dafür abgestellt, dass die mit Pinseln und anderen Werkzeugen die Blüten selbst bestäuben; weil sonst die Ernährung in Engpässe geriete. Verkehrte Welt, meine ich. Und doch irgendwie notwendig. 

Von der Imkerin habe ich bei meinem Besuch viele interessante Dinge erfahren, die ich noch nicht kannte. Da sind zum Beispiel die Kundschafterbienen. Sie schwärmen aus und suchen Orte in Wiese und Wald, wo die Blüten guten Nektar versprechen. Dann fliegen sie zurück in den Bienenstock und vollführen etwas, das man Schwebetanz nennt. Sie surren in einer ganz ausgeklügelten Weise hin und her, dass alle anderen Bienen danach wissen, in welcher Richtung das Blütenmeer liegt und wie weit entfernt es ist. 

Wir Menschen wissen gar nicht viel von dieser Art und Weise des Mitteilens. Dieser Schwebetanz ist noch gar nicht richtig erforscht. Und wird es vielleicht auch nie sein. Aber eines hat man herausgefunden: Wenn die ganz jungen Bienen in ihren ersten Tagen – aus welchem Grund auch immer – diesen Schwebetanz der Kundschafterbienen nicht mitbekommen, nicht erleben, dann werden sie selbst diese überlebensnotewendige Fähigkeit dazu nie mehr erlernen können. Sie ist nicht angeboren, sondern erlernt. Bienenschulunterricht. 

Ich staune, wie kompliziert und intensiv, aber auch effektiv die Unterweisungen der Bienen sind. Ja, ich staune, wie gut und schön unser Schöpfer die Dinge eingerichtet hat. Und ich weine darüber, wie viel davon wir Menschen täglich zerstören. Und eines weiß ich darüber hinaus: Auch Christus leidet mit seiner Schöpfung. Durch ihn ist sie ja erst ins Dasein gekommen. 

Durch Christus wurde alles geschaffen, im Himmel und auf der Erde. 
Alles wurde durch ihn geschaffen und alles hat in ihm sein Ziel 

Brief des Paulus an die Kolosser 1,16; Basisbibel

Mir sagt diese biblische Wahrheit, die besonders bei Johannes und Paulus zu finden ist, dass angesichts der menschlichen Ausbeutung unserer Welt Christus an uns Menschen leidet. Jetzt in der Passionszeit wird mit klarer, wie sehr wir heutigen ihn täglich ans Kreuz treiben. Dabei sollten wir ihm das Kreuz tragen und ihn erleichtern. An Klimawandel und Artensterben, an Vermüllung und ökologischer Ignoranz stirbt Christus immer neue Tode. Wie wäre es, wenn wir – anstatt mit Süßigkeiten zu fasten – nur noch nachhaltig, fair und biologisch einkaufen, Plastik möglichst vermeiden und den öffentlichen Nahverkehr nutzen? Es gibt so viele gute Möglichkeiten. Nicht nur die Bienen würden es uns danken! 

Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison.
Gott erbarme dich.
Gib uns Menschen Weisheit in den Verstand und Liebe ins Herz – 
Liebe für alles, was lebt und webt.
Amen. 

Ihr Tom Damm