Das Wort zur Wochenmitte

Liebe Leserin,
Lieber Leser!

Vor einer Woche bin ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder durch dichten Nebel spazieren gegangen. Die Schwaden zogen langsam durch die sich schon leicht färbenden Blätterdächer, und nach einigen Minuten konnte ich den Weg nicht mehr richtig erkennen. Es wurde feucht und merklich dunkler – für mich ein Signal, kurz anzuhalten, innezuhalten und das Naturschauspiel wahrzunehmen. 

Diesen Nebel kenne ich, musste ich denken. Diesen Nebel kennen Sie sicher auch: wenn man den Weg nicht mehr klar erkennen kann, den man geht. Wenn sich der Nebel vor die inneren Augen schiebt und die Orientierung verloren geht. Wenn ich nicht mehr so recht weiß, wo es mit meinem Leben lang geht. Wenn ich aus der Bahn komme, weil etwas passiert ist, das ich nicht erwartet habe. Wenn mir der Sinn für kurze Zeit abhandenkommt. 

Diese Erfahrungen machen mir Angst. Aber ich weiß, dass diese Krisen auch echte Chancen in sich tragen. Denn ich muss neu über mein Leben nachdenken und kann – gezwungermaßen manchmal – aus der Routine aussteigen, die meinen Alltag geordnet hat, die aber auch verhindert hat, dass ich mich meinem eigenen Leben anpasse und Veränderungen zulasse. 

Der Nebel vor den inneren Augen… Da denke ich an Bileam, der den Engel nicht sehen kann, der ihm den Weg versperrt. Sein Esel musste ihm helfen. Ich denke an Hiob, der am Leben erkrankt und verzweifelt fragt, wo der Sinn ist. Ich denke an den Kämmerer aus dem Morgenland, wie der Finanzexperte aus Äthiopien im Neuen Testament genannt wird. Er liest im Jesajabuch und versteht nur Bahnhof, bis ihm ein Jünger Jesu die Schrift auslegt und er versteht, dass Jesus der Weg sein kann, auch für ihn. Und der Nebel verzieht sich. Er lässt sich taufen und er „zieht seine Straße fröhlich“ weiter. Am meisten aber tröstet mich die Erfahrung des Psalmendichters, wenn er betend aufschreibt:

„Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn Du bist bei mir. Dein Stecken und Stab und trösten mich.“

Psalm 23,4

Das ist es, was bleibt, muss ich denken. 

So weiß ich auch hier, dass ich nicht allein bin im Nebel. Gott geht mit mir. An seiner unsichtbaren Hand darf ich meinen Weg neu finden. Trotz Dunkelheit und Kälte kann ich vertrauen, wenn auch nur zaghaft. Das tut mir gut. Macht mich gelassen. Diese Erfahrung wünsche ich Ihnen auch!

Wie es meine Art ist, sage ich es hier noch einmal mit einem Gedicht, dass ich nach dieser Nebel-Wanderung aufgeschrieben habe:

Der Nebel schleicht sich heimlich durch die Bäume 
und mir nichts, dir nichts nimmt er mir die Sicht.
Was gestern klar war, das gilt heute nicht.
Und mir nichts, dir nichts schwinden alte Träume.
Ich drehe mich und suche nach dem Licht 
und meditiere mich in neue Räume.

Ihr und Euer Tom Damm