Das Wort zur Wochenmitte

Uns ist so viel anvertraut…

Jesus erzählte ja manchmal erstaunliche Geschichten, um ein neues Licht auf Gottes Gegenwart zu werfen. Nicht immer kann ich gleich begreifen, was er damit sagen will.

Einmal vergleicht er Gott mit einem Gutsherrn, der für unbestimmte Zeit außer Landes geht und seine „Betriebsmittel“ – die Talente (eine alte Zahlungseinheit – aber heute durchaus doppeldeutig zu verstehen) – unter drei Dienern aufteilt.

5 Talente für den ersten, 2 Talente für den zweiten, 1 Talent für den dritten – je nach dem, wie er jeweils die Fähigkeiten der Diener einschätzt. – Bei der Wiederkehr des Gutsherrn stellt sich heraus, dass zwei von drei Dienern gut gewirtschaftet und zur Vermehrung des Reichtums beigetragen haben, einer nicht – er hat aus Angst alles vergraben und nichts aus dem Geld gemacht, das ihm anvertraut wurde. Der Gutsherr in der Geschichte belohnt die Erfolgreichen und bestraft den, der nichts aus dem Anvertrauten gemacht hat.

Das Gleichnis ist spannend und fordert zum Widerspruch heraus:
Das kann doch nicht sein, dass Jesus Gott mit einem vergleicht, der auf puren Gewinn abfährt. Sollen wir uns wirklich vorstellen, dass Gott den Verlierer verachtet? Dass bei ihm nur der Erfolg zählt? Das hatten wir doch bis jetzt anders verstanden. Was ist denn mit seiner Barmherzigkeit? Zählt die denn gar nicht?

Spannend ist aber auch, dass die Diener den Gutsherrn so unterschiedlich einschätzen. Die einen freuen sich über das Vertrauen, das er ihnen entgegenbringt. Sie sehen in den anvertrauten Talenten eine Wertschätzung. Und das macht sie experimentierfreudig und gibt ihnen Mut zum Risiko. Warum nicht was ausprobieren – mehr als schief gehen kann es nicht – die beiden ersten Diener haben gar keine Bedenken.

Der andere ist angstgeleitet. Er fühlt sich überfordert und hält den Gutsherrn für einen Despoten, der nimmt, was er kriegen kann.

Für mich ist das der Schlüssel, um dieses Gleichnis von Jesus zu verstehen. Wer sich Gott anvertraut, kann nur gewinnen. Wer Angst hat und nur den Druck spürt, den die anvertrauten Talente machen – der hat schon vorher verloren.

Natürlich: Erfolg ist nicht alles, Gewinn auch nicht, Geld erst recht nicht – aber ich kann nutzen, was mir zum Leben, für die Gemeinschaft, für die Welt als Talent mitgegeben wurde. Wenn ich aus lauter Stress und Druck und Angst mir nichts zutraue, dann habe ich schon vorher verloren. Wer wagt, kann verlieren oder gewinnen, wer nichts wagt, hat schon verloren.

Für mich ist das in diesen Zeiten ein Mutmachgedanke. Wenn ich von vornherein die Augen verschließe für die Chancen, die es gibt – wie kann ich dann auf Zukunft setzen? Wie kann ich bei so vielen Krisen noch die Chancen entdecken, die es gibt?

Jesus zeigt mir mit diesem Gleichnis: Talente sind Chancen und sollen nicht Stress und Druck machen. Gottes Gegenwart zeigt sich da, wo mein Mut, die Talente einzusetzen, belohnt wird und mir unerwartete Möglichkeiten eröffnet.

Viel Mut und Zuversicht
Wünscht Ihre Pfarrerin Claudia Bitte
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