Das Wort zur Wochenmitte

Eine kleine Urlaubserinnerung. Wir gehen spazieren. Auf einem langen und breiten Strand. Unter meinen Füßen knirscht der Sand. Ein sanfter Wind geht durch meine Haare. Ein feiner Salzgeruch erreicht meine Nase. Ich bleibe stehen. Vor mir, mitten im Sand, fernab von fruchtbarer Erde oder lebensnotwendigem Wasser entdecke ich eine grüne Pflanze. Ich kenne sie nicht mit Namne. Sie hat neben einem uralten und trockenen Baumstamm ihren Platz gefunden. Sie fasziniert mich. Sie wächst und gedeiht an einem lebensbedrohlichen Ort. Ich gehe einen weiteren Schritt auf sie zu. Ich beuge mich nach unten. Und staune. Diese Pflanze blüht sogar. Ich frage mich, was sie am Leben hält. Sie hat sich ganz offensichtlich bestens an ihr lebensfeindliches Umfeld angepasst.

Ich setze mich für ein paar Minuten in den Sand. Ich denke nach. Manchmal fühle ich mich auch wie diese geheimnisvolle Strandpflanze. Manchmal scheint mein Umfeld bedrohlich zu sein. Manchmal scheine ich von den fruchtbaren Böden und dem belebenden Wasser abgeschnitten zu sein. Aber ich lebe. Ich lebe zum Glück immer weiter. Ich habe noch nie den Moment erlebt, dass ich aufgeben wollte. Manchmal ist das so. Manchmal geben belastete Menschen auf, und wir sollten uns hüten, sie verurteilen. Aber meistens ist da irgendetwas, das mich am Leben hält. Was hält Sie am Leben?

Ist es die Hoffnung, dass es doch irgendwann besser werden wird?
Ist es die Sehnucht, die Kinder wiederzusehen?
Ist es die geplante Reise, die in mir neue Kräfte weckt?
Sind es die mutmachenden Worte meine Ehepartners?
Oder ist es die anstehende Hochzeit der Enkelin, die Ihnen Flügel verleiht?

Wenn Sie sich wie diese Strandpflanze fühlen, machen Sie sich doch bitte mal gedanklich auf die Suche nach dem, was Sie am Leben hält. Denn auch in trockenen Zeiten gibt es Tropfen der Hoffnung und der Kraft.

Mir kommt die Zusage Gottes in den Sinn: ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. Durstig bin ich immer wieder. Ich habe Durst nach frischem Wasser. Ich habe Durst nach Heilung. Durst nach Frieden. Durst nach Vergebung und Versöhnung. Durst nach einem Neuanfang nach einer langen Durststrecke.

Gott will sein Wasser in mein und dein Leben fließen lassen, damit wir mitten in der Bedrohung überleben können, und wer weiß, vielleicht fangen wir sogar an zu blühen.

Ihr Hartmut Görler