Das Wort zur Wochenmitte

Manchmal hat Kunst seine eigene Botschaft.

Das Bild der Künstlerin Uschi Vielhauer aus Westhofen ist schon älter. Als der Krieg in der Ukraine ausbrach, erinnerte sie sich daran. Sie kramte es hervor und war selber verwundert über die Aktualität ihres Bildes. Das Bild ist in den Farben blau-gelb gehalten, den Nationalfarben der Ukraine. In der Bildmitte sehe ich Bruchstücke und Steine. Sie erinnern mich an Granatsplitter und Bomben. Sie scheinen auf den Boden zu stürzen, sind gerade eben erst von einem Kampfflugzeug abgeworfen worden. Unten taucht das Bild in ein tiefes Rot. Es sieht aus wie eine blutüberströmte Straße. Mitten im Blut Bruchstücke. In mir kommen die Bilder von zerstörten Wohnhäusern und Krankenhäusern in der Ukraine in den Sinn. Über allem erhebt sich die Friedenstaube. Unklar ist, ob sie wegfliegt und das Bild des Grauens verlässt. Oder wird sich in dem Chaos niederlassen?

Mich erinnert das aktuelle politische Geschehen an Noah. Die Bibel erzählt von ihm und seiner Familie. Die Menschheit versinkt in einem Chaos. Die Bibel nennt das Chaos Sintflut. Die Menschen ertrinken in der Flut ihrer Sünden. Aber Gottes Lebenswille setzt sich durch. Er bestimmt Noah und seine Familie. Mit ihnen soll die Menschheit gerettet werden. Er erteilt ihnen den Auftrag, eine lebensrettende Arche zu bauen. Dann kommt der Regen. Dann kommen die Wassermassen. Mitten im größten Chaos, als sich noch kein Mensch eine Rettung vorstellen konnte, gedachte Gott an Noah. So heißt es in der Bibel, im 8. Kapitel des 1. Buch Moses. Nach einer Weile ließen die Unwetter nach. Der Pegel des Wassers fiel. Noah schöpfte Hoffnung. Er ließ eine Taube fliegen, um Näheres zu erfahren. Aber die Taube kam zurück. Noah wusste: sie hatte noch keine trockene Stelle gefunden. Nach sieben Tagen schickte Noah die Taube noch einmal los. Sie kam zurück mit einem Ölzweig im Schnabel. Da wusste Noah, dass das Wasser auf der Erde abgenommen hatte.

Mir macht diese Geschichte in der aktuellen Bedrohung Mut. Da gedachte Gott an Noah. Gott hat schon längst an die Ukrainerinnen und Ukrainer gedacht. Obwohl noch kein Friede in Sicht ist, denkt Gott schon an die Überwingung des Chaos. Und wenn wir heute eine Taube fliegen lassen würden, würde sie wahrscheinlich unverrichteter Dinge zurückkommen. Manchmal dauert es lange, bis sich das Chaos zurückzieht. Aber ich will nicht aufhören darauf zu hoffen, dass die Friedenstaube sich mitten in den Trümmern der ukrainischen Städte niederlassen will. Denn unser Gott ist ein Gott des Friedens und nicht des Krieges. Sein Lebenswille wird sich durchsetzen, nicht diese kranke Machtbesessenheit eines einzelnen Präsidenten.

Ihr Hartmut Görler