Das Wort zur Wochenmitte

Liebe Leserin, lieber Leser!

Mich hat heute morgen ein Spruch erreicht, der gleich etwas in mir zum Klingen gebracht hat. „Gott schreibt ein Lied für dich“, heißt es dort. „Gott schreibt ein Lied für dich, aber singen muss du es selbst.“ Das ist ja interessant, dachte ich gleich, und dann fielen mir tausend Dinge dazu ein. 

Ich schreibe selbst ja so gern Lieder und Gedichte. Für mich ist es ein ganz natürlicher Gedanke, dass Gott auch Lieder komponiert. Ich glaube, dass Musik eine der ersten Schöpfungen Gottes ist. Und eine der schönsten. Musik durchwirkt die Welt und ist überall. Und damit meine ich nicht nur den Gesang der Vögel, der uns zur Zeit allmorgentlich weckt. Alles in dieser Welt macht Musik. Alles hat ein Lied in sich. Das sagen sogar die Wissenschaftler, die sich mit Schwingungen der Elemente beschäftigen und die Frequenzen aller Dinge hörbar machen können. Aber ich bin kein Naturwissenschaftler. Ich halte mich lieber an die Dichter und Denker. Zum Beispiel an den romantischen Schriftsteller Josef von Eichendorff. Er hat die Musik der Schöpfung stetig gehört. „Gott schreibt ein Lied für dich“, das muss ihm vertraut gewesen sein. Sonst hätte uns folgende Verse nicht geschenkt:

Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.

Warum schläft das Lied für Eichendorff? Weil es eine leise Musik ist, denke ich mir; unaufdringlich; leicht zu überhören. Weil wir genau hinhören müssen, um die Lebensmelodie in allem zu hören. Wir sind ja oft so eingefahren, so unsensibel. Wir können uns mehr öffnen für das Lied Gottes in den Dingen; Wir könnten aufgeweckter sein; wachsamer; achtsamer; wir könnten genauer hinhören. 

Das Zauberwort das uns das Lied in allen Dingen aufschließt, was könnte das sein? Vielleicht die Liebe, die Gott in uns allen angelegt hat. Wenn ich meine kranke Nachbarin mit Liebe anblicke, statt von ihr genervt zu sein, höre ich eine Ballade von Wolken und Melancholie, doch nicht ganz ohne Freude. Wenn ich meine Gemeinde hier an St. Viktor mit Liebe ansehe, dann nehme ich nicht nur Arbeit wahr, sondern dann sehe ich auf einmal einen bunten Blumenstrauß; so viele Begabungen, so viel Interesse, so viel Wünsche nach Gespräch und gutem Kontakt. Wenn ich auf meine Familie sehe mit Liebe im Herzen, dann erlebe ich nicht nur das, was mich runter zieht. Nein, dann spüre ich ein Netz, das mich trägt; Menschen, die mich brauchen und mir auch viel geben; dann habe ich warme Gefühle, die mich tragen. Ja, Liebe ist das Zauberwort, das die Welt zum klingen bringt. Es ist also ein Liebeslied, das Eichendorff für uns zaubert. 

„Gott schreibt ein Lied für dich, aber singen muss du es selbst.“ Ich will hinhören. Genauer hinhören. Die Stille hilft mir. Die Stille dieser Kirche. Die Stille auf meinem Balkon. Die Stille, wenn ich alle Berieselungen meines Alltags abschalte. Und dann höre ich das Liebeslied Gottes, der mich gut geschaffen hat und mein Leben gelingen lassen will. Ich werde so dankbar. Und ich versuche, einzustimmen und mitzusingen. Heute klingt es so:

Danke für diesen guten Morgen. Danke für jeden neuen Tag.
Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag. 

Ihr und Euer 

Tom Damm