Das Wort zur Wochenmitte

„Digital Natives“

Liebe Leserin, Lieber Leser,

wenn Sie dieses Wort zur Wochenmitte auf der Homepage der Ev. Kirchengemeinde Schwerte lesen, wird Ihnen der Begriff Digitalisierung kein völliges Fremdwort sein. Wer das Internet nutzt, aber auch das Smartphone, das Navi im Auto und viele andere technische Geräte, weiß um die vielfältigsten Möglichkeiten der Digitalisierung und hat bestimmt auch schon einiges gehört von Begriffen wie Datenspeicherung und künstlicher Intelligenz.

Wenn man sich bewusst wird, dass es das iPhone bzw. das Smartphone erst seit 2006 bzw. 2007 gibt, kann man nur staunen über die rasante technische Entwicklung. Immer schneller, immer besser  – aber auch immer komplexer, immer unüberschaubarer und – bei allen Vorteilen und Chancen – mit immer größeren Risiken, sei es durch Datenmissbrauch, Cybermobbing, Manipulation der Meinung und digitale Überwachung der Bürgerinnen und Bürger in totalitären Staaten.

Gleichzeitig bietet die Digitalisierung jedoch unzählige Chancen, denken wir nur an die Corona-WarnApp, an die zeitnahe Information über den Pandemieverlauf oder an viel bessere Möglichkeiten, rasch einen Impfstoff zu entwickeln. Auch das Online-Unterrichten an Schulen anstelle von Präsenz-Unterricht war in der Zeit des Corona-Lockdowns ein Segen, oder denken wir im kirchlichen Bereich an Video-Gottesdienste und an Formte wie dieses „Wort zur Wochenmitte“.

Die digitale Revolution bietet unzählige Chancen, birgt aber auch unzählige Risiken. Was nicht hilft ist, Digitalisierung zu verteufeln. Wir können nicht mehr ohne.

Allerdings fühlen sich nicht nur ältere Menschen mitunter überfordert angesichts der Schnelle der digitalen Entwicklung und des immer wieder neu lernen Müssen. Ein Stück weit beneiden wir die Kinder und Jugendlichen. Sie wachsen bereits mit all diesen neuen Techniken auf. Enkel zeigen ihren Großeltern, wie sie den Fernseher, das Smartphone oder den Computer benutzen. Junge Menschen scheinen die neue Technik spielerisch zu erlernen und zu beherrschen. Beneidenswert.

Für diese junge Generation gibt es einen englischen Fachbegriff: Sie sind die „Digital Natives“. Natives sind eigentlich „Eingeborene“ eines Landes. „Digital Natives“ sind all diejenigen, die in dieses digitale Zeitalter hinein geboren werden, die mit der digitalen Welt groß werden, die schon im Kindergartenalter wissen, wie man zum Betrachten von Bildern auf dem Display wischt oder Bilder größer zieht, und die noch viel mehr wissen, mitunter zu viel, und sicher nicht nur segensreiches.

Kinder und Jugendliche lernen aber auch nicht von selbst. Vor allem ein gute Vorbild ihrer Eltern kann ihnen helfen zu erkennen, dass die digitale Welt nicht die einzige ist.

Kinder und Jugendliche lernen etwas viel Wichtigeres als das reine Bedienen der Technik, wenn sich ihre Eltern ihnen „analog“ zuwenden und sich zu Zeit nehmen mit ihnen zu sprechen und zu spielen, und wenn sie die Eltern ihre Freizeit kreativ und vielfältig gestalten, anstatt viel Zeit vor dem Fernseher, dem Smartphone oder vor der Spielekonsole zu verbringen. Von solch positiven Vorbildern lernen

Kinder und Jugendliche auch den verantwortungsvollen und maßvollen Umgang mit der Technik und lernen, einander in die Augen zu schauen, sich zu umarmen, zu spielen aber auch zu diskutieren, die Natur zu entdecken, gemeinsam zu lachen, aber wenn es sein muss, auch in guter Weise zu streiten – ohne sich dabei mit Hassbotschaften zu bombardieren.

Egal ob „digital Eingeborene“ oder Menschen, die sich mühsam in die Digitalisierung einfinden müssen, eine Aufgabe gilt ihnen allen: die Vielfalt des Lebens im Blick zu erhalten – und die Bedeutung der zwischenmenschlichen Beziehungen, liebend gern analog und real. In diesem Zusammenhang klingen die Worte Jesu noch einmal anderes als gewohnt, wenn er sagt: Ich lebe, und ihr sollt auch leben.

Mein „Leben Sie wohl!“ an Sie ist in diesem Sinne nicht Abschied, sondern ein Segenswunsch.

Ihr
Achim Dreessen