Das Wort zur Wochenmitte

Weihnachten schleicht sich in den Spätsommer

Ein skurriler Bildausschnitt, aufgenommen in einem unserer Gartencenter. Im Vordergrund Weihnachtsbäume mit Nikolausmütze. Schneebedeckte Kerzenhäuser. Adventliche Windlichter. Lichterketten für draußen. Getrocknete Orangenscheiben mit Zimtstangen. Christkugeln im Regal. Daneben eingepackte Sonnenschirme. Terrassenteppiche für schöne Tage. Im Hintergrund Grillzubehör aller Art. Was für eine seltsame Zusammenstellung! Es schüttelt mich, wenn ich das so sehe. All das passt irgendwie nicht zusammen. Es erinnert mich an die Spekulatius neben der Sonnenmilch, an die Nikoläuse neben der Eiscreme in unseren Discount-Supermärkten.

Ich habe drei Möglichkeiten: Ich kann mich darüber ärgern. Mir kann das Ganze egal sein. Ich kann darin einen tieferen Sinn entdecken. Heute will ich mich mal nicht ärgern. Heute will ich auch nicht achtlos an diesem Eindruck vorbeigehen. Heute will ich diese Bilder auf mich wirken lassen, ins Nachdenken kommen und mich daran freuen. Ich staune; denn Weihnachten schleicht sich in den Spätsommer. Und mit Weihnachten meine ich heute nicht die ganz besondere Atmosphäre, den Kerzenschein und den Duft von frisch gebackenen Keksen. Ich meine Weihnachten im ursprünglichen Sinn: Gott kommt auf die Welt. In seinem Sohn Jesus Christus wird Gott menschlich und teilt das Leben von uns Menschen. Gott kommt in unseren Spätsommer, in unsere Freizeitaktivitäten vor dem Herbst. Gott setzt sich unter unsere Sonnenschirme und teilt unser Leben auf dem Terrassenteppich. Gott kommt in unseren ganz persönlichen Herbstblues, in die Traurigkeiten, die manchmal mit den fallenden Blättern einhergehen. Gott kommt in die winterliche Beziehungskälte, in die Lebenshäuser, mit Schnee bedeckt. Gott kommt in unser Heute, in diese Zeit der Veränderung zwischen Sommer, Herbst und Winter. Ja, ich staune und freue mich. Weihnachten ist nicht nur am 24. Dezember eines Jahres. Weihnachten ist heute. Weihnachten ist an jedem Tag, und es ist zwar seltsam aber auch tiefsinnig, dass neben den eingeklappten Sonnenschirmen schon die Christbaumkugel liegen.

Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

Weihnachten schleicht sich ein. In unser Leben. Wie schön!

Ihr Hartmut Görler