Das Wort zum Tag

Geimpft

Letzte Woche besuchte ich nach langer Zeit endlich wieder einen meiner Brüder. Wir tauschten uns aus über das Ergehen unserer Familien und landeten sehr schnell beim Berichten darüber, wer alles schon geimpft worden ist. Nie hätte ich früher gedacht, dass die Frage des Impfens einmal so viel ausmachen würde für das eigene Wohlbefinden. Ich bin froh und dankbar, wenn Menschen, die mir nahestehen, sagen können: Ich bin geimpft. Und ich bin froh, dass ich selbst heute meine zweite Impfung erhalte. Es ist ein Privileg, wo doch noch viele sehnlichst darauf warten, einen Impftermin zu erhalten.

Die Freude der Menschen, sich schon zu den Geimpften zählen zu dürfen, hat unterschiedliche Gründe: sie mögen ihre Impfung empfinden als Tor zu mehr Freiheiten, zu persönlichen Begegnungen oder zum lang ersehnten Sommerurlaub. Sie gibt ihnen aber auch ein größeres Gefühl der Sicherheit und des Schutzes; dieser Aspekt ist mir persönlich wichtig, auch wenn ich mir dessen bewusst bin, dass auch Impfen keine Garantie gibt.

Als gesellschaftliches Thema ist Impfen durchaus heikel und ambivalent, denken wir an Impfskeptiker und Impfgegner. Zudem birgt es die Gefahr einer Neid-Debatte, wenn Geimpften nun wieder Freiheiten gewährt werden, die anderen vorenthalten bleiben, und wenn vielen Menschen trotz intensiven Bemühens bislang noch kein Impftermin gewährt werden konnte. Mir sind hier auch die Kinder und Jugendlichen wichtig. Für sie ist bislang noch kein Impfstoff freigeben. Auch sie leiden massivst unter den Einschränkungen der Pandemie und können auch ernsthaft erkranken.

Als ich mit meinen Konfirmandinnen und Konfirmanden über Segen nachdachte, war mir in dem Moment gar nicht bewusst, dass auch das Geimpft Sein ein großer Segen ist. Dass es in so kurzer Zeit überhaupt schon Impfstoffe gegen Covid-19 gibt, und dass ihre Produktion inzwischen derart ausgebaut worden ist, dass die anfänglichen Engpässe bald überwunden sein werden, auch dies ist ein Segen, ein Geschenk und alles andere als selbstverständlich. 

Doch statt Dankbarkeit und Freude bekommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Arztpraxen und Impfzentren oft harsche Kritik zu hören bis hin zu Beleidigungen und Drohungen. Sind dies Zeichen einer „Ich-werde-nicht-rechtzeitig-und-nicht-mit-dem-richtigen-Impfstoff-geimpft-Panik“ und einer tief sitzenden persönlichen Sorge und Angst? 

Die Psalmen und Gebete der Bibel lehren uns, dass wir unsere Sorgen und Ängste Gott nennen dürfen. Bei ihm sind sie deutlich besser aufgehoben, als wenn wir sie in Form von Aggressionen unseren Mitmenschen zumuten. Der Psalm 27, es ist der Psalm für diese Woche vor Pfingsten, spricht mir in vielem aus der Seele – und vor allem tut er meiner Seele gut. 

Mögen auch Sie sich in ihm wiederfinden und aufgehoben finden! 

Ihr/Euer
Achim Dreessen

Der HERR ist mein Licht und mein Heil; 
vor wem sollte ich mich fürchten?
Der HERR ist meines Lebens Kraft; 
vor wem sollte mir grauen?
HERR, höre meine Stimme, wenn ich rufe; 
sei mir gnädig und antworte mir! …
HERR, weise mir deinen Weg
und leite mich auf ebener Bahn …
Ich glaube aber doch, dass ich sehen werde 
die Güte des HERRN im Lande der Lebendigen.
Harre des HERRN!
Sei getrost und unverzagt und harre des HERRN!

Auszüge aus Psalm 27