Das Wort zum Tag

Weite

In letzter Zeit habe ich öfters das Gefühl, dass mir die Decke auf den Kopf fällt. Während es früher für mich normal war, mich morgens fertig zu machen und das Haus zu verlassen, habe ich aktuell sehr viel Homeoffice und komme dann morgens auch nur langsam in die Gänge. Oft beginnt mein Tag dann im Schlafanzug und es gibt für mich immer weniger Grund, mich zu schminken und das Haus zu verlassen, außer vielleicht zum Einkaufen, Spazieren gehen und für gelegentliche Auswärtstermine. Wenn ich dann den ganzen Tag in meinen vier Wänden sitze und auf meinen Laptop schaue, merke ich wie beengt ich mich in meiner Wohnung nach einer gewissen Zeit fühle. Es fehlt mir unter Leuten zu sein und es langweilt mich immer dasselbe zu sehen. Ich fühle mich einsam und unruhig. Soll das jetzt immer so sein, dass ich den ganzen Tag in meiner kleinen Wohnung sitze und gefühlt hauptsächlich arbeite, esse, mir Serien anschaue und schlafe? 

Wenn dieses Gefühl der Enge besonders bedrückend ist und es das Wetter halbwegs zulässt, gehe ich Spazieren. Ich glaube, ich war in meinem ganzen Leben nicht so viel Spazieren wie im vergangenen Jahr. Es tut mir gut mal rauszukommen, am besten auch raus aus der Stadt, in den Wald, an Flüsse und Seen, zu Feldern und Wiesen. Wenn ich draußen in der Natur bin, kann ich freier atmen. Ich kann innerlich zur Ruhe kommen. Statt der bedrückenden Enge meines einsamen Alltags im Homeoffice fühle ich hier die Weite. 

Als ich neulich an eine schöne Stelle kam, von der aus ich einen weiten Blick über Wiesen und Felder hatte, fiel mir ein Psalmwort ein: 

„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“

Psalm 31,9
Foto: pixabay.com / RitaE

Der Psalmenbeter von Psalm 31 erleidet große Not, sehr eindrücklich beschreibt er die Gefahren und Bedrohungen in seinem Leben. Doch mitten in diesem Gefühl der Angst und Bedrängnis, die den Psalmbeter einengen, stellt Gott die Füße des Psalmenbeters auf weiten Raum. Gott eröffnet ihm eine neue Perspektive. Er gibt ihm neue Möglichkeiten zu Handeln. Gott führt ihn aus der Enge in die Weite. 

Für mich war dieser Moment, als würde ein Stein von meiner Brust genommen werden, der mir das Atmen schwer macht. Als würde Gott auch meine Füße auf weiten Raum stellen. Auch ich fühlte mich frei und leicht.

Möge Gott auch uns immer wieder Räume eröffnen und uns aus unserer Beengtheit in die Weite führen.

Ihre Anthea Haacke