Das Wort zum Tag

Gehören Sie zu den Hobby-Gärtner*innen? Dann geht es Ihnen vielleicht derzeit wie mir: Das erste Saatgut ist gesät, auf der Fensterbank stehen kleine Blumentöpfe und täglich kann man zusehen, wie die Saat aufgeht und die kleinen Pflänzchen wachsen.

Für meine Frau und mich ist es ein herrliches Hobby. Kinder lernen fasziniert die Natur kennen und lieben. Für Milliarden Menschen weltweit dient es der Sicherung ihrer täglichen Nahrung, für Landwirte von Berufs wegen und letztlich für uns alle überlebenswichtig.

Unser täglich Brot gib uns heute. Was wären wir ohne die Landwirtschaft?! Und was wäre die Landwirtschaft ohne die Vielfalt an Saatgut?! Schon die Bibel vermittelt uns das Wunder des Samenkorns: Für Jona wird der über Nacht groß gewachsene Schattenspender der Rizinus-Pflanze zum Zeichen der Güte und Freundlichkeit Gottes. Mit dem Bild des Säens beschreibt Jesus, dass Gottes Himmelreich in dieser Welt wächst und auch in jedem Menschen wachsen möge, damit wir gute Frucht hervorbringen. Er sagt:

„Das Reich Gottes gleicht einem Senfkorn: Ein Mann nahm es und säte es in seinem Garten ein. Es ging auf und wurde zu einem Baum. Und die Vögel bauten ihr Nest in seinen Zweigen.“

Lukas 13,19

Diese biblischen Bezüge steigern noch mehr meine Freude am Saatgut, und wenn ich im Fachhandel vor Regalen mit den wunderbarsten Samentütchen stehe, geht mir mein Herz auf.

Zugleich sehe ich mit Sorge, dass die Landwirtschaft so sehr auf Ertragssteigerung setzt, dass dadurch nicht allein die Natur, sondern auch unsere gemeinsame Zukunft bedroht ist. Es ist nur die halbe Wahrheit, wenn angeführt wird, dass industrielle Landwirtschaft für die Nahrungssicherung der gesamten Menschheit notwendig sei. Es ist nur die halbe Wahrheit, wenn gesagt wird, speziell gezüchtetes Saatgut helfe gegen Schädlingsbefall oder Dürrezeiten. 

Die traurige andere Hälfte der Wahrheit ist, dass große Saatgut-Konzerne den Weltmarkt beherrschen und die Kleinbauern mit Knebelverträgen zwingen, nur noch deren teures Saatgut zu verwenden und in Kombination damit auch ihren speziell darauf abgestimmten Dünger. Kleinbauern ist es per Liefervertrag verboten, zusätzlich eigenes Saatgut zu verwenden. Selbst internationale und EU-Gesetze unterstützen diese Monopolisierung von Saatgut.

Damit ist nicht nur die wirtschaftliche Zukunft der Kleinbauern massiv bedroht. Die Vielfalt der Saatgut-Sorten und ihrer Gene sichert auch unser aller Überleben. Ähnlich wie die Covid-19-Pandemie können sich auch bei Pflanzen neue Erkrankungen rasch und rasant ausbreiten. Je größer dann die Vielfalt der Nutz-Pflanzen-Sorten ist, um so größer wird die Chance sein, dass es unter ihnen auch resistente Sorten gibt. Es ist tragisch, dass bereits Dreiviertel der weltweiten Pflanzenvielfalt durch industrielle Landwirtschaft und Monopolisierung verloren gegangen ist. Ein radikales Umdenken und Gegensteuern ist schnellstens erforderlich.  

In dem Verein Arche Noah in Österreich (https://www.arche-noah.at) aber auch in anderen Projekten engagieren sich weltweit Menschen für den Erhalt der Saatgut- und der Pflanzenvielfalt. 

Für mich ist auch solch ein Engagement „eine Frucht“ des Glaubens und ist im Sinne Jesu, wenn er sagt, dass ein Glaube, so klein wie ein Senfkorn, bereits Großes bewirken kann. Möge auch diese Saat aufgehen und wachsen – und nicht nur die Saat in meinem und in Ihrem Garten!

Ihr/Euer Achim Dreessen

PS: Eine erste Einführung in das Thema bietet das kurze Video der Deutschen Welle: Saatgutvielfalt in Gefahr – Klicken zum Ansehen