Ostern ist vorbei. Ein ungewöhnliches Osterwochenende liegt hinter uns. Karfreitag. Karsamstag. Ostersonntag. Ostermontag. Keine Gottesdienste. Keine Familienfeiern. Wie im letzten Jahr. Anders war der Wechsel von Schnee und Sonnenschein. Aprilwetter halt. Ein Temperatursturz von einem auf den anderen Tag. Und heute, am Dienstag nach Ostern, beginnt wieder der Alltag. Die Geschäfte öffnen entsprechend der Coronaschutzbestimmungen. Die Büros sind wieder voll. Die Autobahnen auch. Die Arbeit ruft. Oder der Garten. In wenigen Tagen beginnt wieder die Schule. Es geht wieder los. Ostern ist vorbei.
Damit ergeht es uns so wie damals den Freunden von Jesus. Wir nennen sie heute „Jünger“. Lesen Sie doch mal im 21. Kapitel des Johannesevangeliums. Da sind Petrus und der Zwilling Thomas, Nathanael, die Söhne des Zebedäus und zwei weitere Jünger Jesu am See Tiberias. Also mindestens 7 seiner Jünger. Für die sind die Festtage vorbei. Die Kreuzigung Jesu, seine Auferstehung, diese beiden Highlights gehören der Vergangenheit an. Jetzt ist wieder Alltag angesagt. Jetzt geht es wieder an die Arbeit. Denn die Sieben müssen für sich und ihre Familien den Unterhalt verdienen. Also zurück zum See, zurück zu den Netzen. Was anderes haben sie ja nicht gelernt. Kräftig in die Hände gespuckt, und los geht’s. Aber: viel Erfolg haben sie nicht mit ihrer Arbeit. Sie fangen nichts. So erzählt es die Bibel. Gar nichts.
Na, das sind ja Aussichten für uns. Sollte es uns wohl auch so ergehen wie den sieben Jüngern von damals? Ein trostloser, erfolgloser Alltag?
Wie dem auch sei. Genau in diese Trostlosigkeit hinein tritt Christus, der Auferstandene. Wie auch in anderen Geschichten erkennen die Jünger ihn nicht. Erst als sie schon wieder überfüllte Netze ans Ufer schleppen, geht ihnen ein Licht auf. Es ist der Herr!
Ich finde diese Geschichte interessant. Die Fischer begegnen dem Auferstandenen mitten bei der Arbeit. Nicht im Gebet. Nicht während eines Gottesdienstes. Nicht bei der meditativen Lektüre der Bibel. Sondern bei der Arbeit. Verstehen Sie mich nicht falsch: das Gebet, die Stille, die Meditation, sind weit offene Türen für Gott. Für Gottes Wort. Für Gottesbegegnungen. Aber doch nicht die Arbeit! Die Arbeit mit den Netzen, im Büro, an den Maschinen, in der Werkstatt hat so etwas Unheiliges an sich. Gottesdienst am Sonntag, ja das ist uns vertraut. Aber Gottesdienst mit Ölgeruch in der Luft, mit Maschinenlärm im Hintergrund, mit Hektik am Arbeitsplatz, nein, das passt nicht zusammen. Meinen wir. Aber nicht Jesus. Für Jesus ist auch die alltägliche Arbeit ein heiliger Ort. Ein Ort, wo wir dem Auferstandenen begegnen können. Von daher meine Frage: ist Ostern wirklich vorbei? Wenn wir die Geschichte von damals zu unserer Geschichte machen, fängt Ostern für uns gerade erst an. Na dann: frohe Ostern. Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden.
Ihr Hartmut Görler