Immer wieder schaue ich hin und bin beeindruckt. Ruhig zieht er Bahn um Bahn, mit gleichmäßigem Tempo, unermüdlich. An manchen Ecken könnte die Technik noch verbessert werden, aber er lässt sich nicht aus dem Takt bringen, schafft Bahn um Bahn … bis sein Akku irgendwann zu neige geht und er sein Ziel erreicht hat: die Ladestation.
Vielleicht lässt sich unser Saugroboter ein klein wenig mit einem Langstreckenschwimmer vergleichen, aber nur, was die Systematik seines Arbeitens angeht. Die ist beeindruckend, doch von Menschen antrainiert, von ihnen programmiert. Ein niedlicher Saugroboter – und doch ohne Seele und ohne Emotionen (abgesehen von seinem erhöhten Puls, wenn er mit einem Kabel oder einer hoch stehenden Teppichkante kämpft).
Ich wundere mich schon über mich selbst, dass ich mitunter minutenlang bei ihm verweile und ihm zusehe. Ich bin doch kein Kind mehr! Die dürfen fasziniert sein vom Drehen der Trommel einer Waschmaschine. Aber doch kein erwachsener Mensch!?
Warum eigentlich nicht? Und vielleicht schaue ich dem Roboter nicht nur deshalb fasziniert zu, weil er noch nicht allzu lange bei uns wohnt. In manchen Haushalten haben solche Helfer sogar einen Kosenamen erhalten. Soweit bin ich noch nicht.
Was fasziniert mich eigentlich an dem Gerät? Vermutlich ist es dieses gleichmäßige, systematische Arbeiten. Scheinbar von ganz allein macht er einen guten Job. Seine Kollegen im Sommer in den Gärten übrigens auch. Ein innovatives und zudem nützliches technisches Spielzeug. Muss man es haben? Früher ging es auch ohne. Aber wenn man berufstätig ist, erleichtern solche Geräte die Arbeit. Sie können allerdings auch Arbeitsplätze wegrationalisieren, sie erhöhen den Stromverbrauch und den Verbrauch an Ressourcen. Man sollte sich aus Umwelt- und Klimagründen überlegen, ob man wirklich alle Akkugeräte benötigt, die man im Einsatz hat oder sich anzuschaffen gedenkt.
Ganz schön spannend, dass ein Saugroboter solch wichtige Fragen aufwirft. Es sind nicht allein ethische, sondern sogar philosophische Fragen: Was macht unser Menschsein aus? Dass wir unsere Bahnen ziehen, unsere Aufgaben verrichten, alles im Griff haben, Hindernisse bewältigen, Ordnung halten und gut ans Ziel kommen?
Irgendwie ist solch ein Saugroboter ein bedauernswerter Einzelkämpfer. Wenn sich Kommunikation allein auf das Erhalten von Befehlen (und die auch noch digital erteilt) erschöpft, wenn Berührungen nur dem Entleeren des Staubbehälters und dem Säubern dienen, dann fehlt, abgesehen von dem beeindruckten Zusehen mancher Besitzer, jede emotionale und empathische Qualität.
Es wäre armselig, wenn wir Menschen in unserem Tun und Wirken dem unermüdlichen Bahnen Ziehen eines Saugroboters gleichen würden. Es fehlte dann jegliche Lebendigkeit, Spontanität, jegliche Lust und Laune, etwas zu tun oder zu lassen, oder es auch mal anders zu tun.
Wäre dann Leben ein ständiger Aschermittwoch? Ist nicht Leben in den Augen Gottes, trotz seiner Pflichten und Aufgaben, immer auch ein Fest des Lebens und somit auch ein wenig Karneval!?
Bei so wertvollen Impulsen bin ich doppelt dankbar für unseren Saugroboter. Aus meinem Büro horche ich nach unten: Dort ist es still. Unser Putzgehilfe hat seine Arbeit getan und die Ladestation erreicht. Sollte ich ihm nicht auch einen Namen geben? Auf jeden Fall aber einen freundlich gelben Smiley.
Zufrieden schaue ich auf … und ich freue mich jetzt schon auf lebendige Kommunikation mit faszinierend schönen und spannenden Menschen an diesem Donnerstag und dem kommenden Wochenende.
Ihr/Euer Achim Dreessen