Das Wort zum Tag

#Zuhören

Hören ist die reine Sinneswahrnehmung. Ich höre gerade das Gluckern der Heizung, das Hämmern von der Baustelle, das Rauschen vom Verkehr der Straße – Geräusche dringen in meine Ohren.  Meistens höre ich nicht hin, schalte ab, konzentriere mich beim Hören auf das Wesentliche. Nicht immer geht das. Wesentlich sind die Geräusche, die mir irgendetwas Wichtiges signalisieren, auf das ich reagieren will oder muss. Telefonläuten signalisiert: Einer/ eine will mit mir reden. Die Türschelle sagt: Eine/ einer steht vor der Tür. Das Maunzen der Katze sagt: Ich suche dich. Wo bist du? So ist das in der Geräuschkulisse der Wohnung, wenn ich hier allein am PC sitze. 

Zuhören hat eine andere Qualität als bloßes Hören. Beim Zuhören geht es um Kommunikation, um Information, um Gedankenaustausch, um Gespräch, um Kultur. Zuhören schafft Verbindungen zwischen der Gedankenwelt des Redners und der Gedankenwelt der Zuhörerin. Zuhören erschafft Vorstellungswelten. Bilder werden in mir wachgerufen. Zuhören verknüpft mich mit meiner Umwelt. Zuhören verändert etwas in mir selbst.  Aus all den Gründen ist es wichtig für unser Miteinander, dass wir zuhören.

Beim Zuhören, werde ich erreicht, Geräusche bekommen eine Bedeutung für mich, Worte Relevanz. Weghören ist schwieriger als Weggucken. Manches lässt sich einfach nicht überhören. Wenn einer ganz laut über mich schimpft, wenn eine ganz schrecklich weint, wenn jemand meinen Namen sagt – es gibt viele Situationen, in denen ich hinhören muss. 

Wenn ich richtig zuhören will, muss ich auch bei den Gefühlen mitschwingen – das gehört in ein Gespräch, in dem ich den anderen verstehen will, seine Gedanken und Gefühle begreifen will. Und dann ist das Zuhören auch nicht nur passiv, sondern sehr aktiv. Ich höre die Worte und die Gedanken und die Gefühle des anderen, höre etwas heraus, frage nach, tauche ein in seine Welt. Dann kann aus dem Gespräch eine neue Vertrautheit entstehen, ein Begreifen. Das ist gemeint, wenn ich sage: “Ich bin ganz Ohr“.

Dass Zuhören nicht selbstverständlich so gut funktioniert, dass dabei nicht automatisch so eine Verknüpfung entsteht, das weiß ich. Manchmal ist jede in den eigenen Gedanken und ist gerade nicht offen für so ein Zuhören. Manchmal können wir einander nicht erreichen. 

Im Zuhören erreicht werden, bewegt werden, verändert werden – das kann zwischen uns Menschen geschehen, das geschieht auch durch Gottes Wort. Jesus macht uns das verständlich mit diesem Vergleich. Er erzählt: 

Einer sät Samen, streut den Samen weit aus. Aber dass daraus etwas wächst, dass etwas gedeiht, dass etwas Früchte trägt, das passiert nicht automatisch. Samenkörner, die auf Felsen fallen, keimen, gehen auf und können keine Wurzeln schlagen. Sie verdorren. Samen, der auf den Weg fällt, ist ein gefundenes Fressen für die Vögel. Samen, der unter Dornengestrüpp fällt, hat keine Luft zum Atmen, kann nicht aufgehen, verkümmert. Aber der Same, der auf gutes Land fällt, geht auf, wächst, gedeiht, trägt Früchte. Welch ein Segen!

nach Markus 8, 3-9

So ist das auch beim Zuhören, denke ich. Manches rauscht an mir vorbei, manches kann nicht richtig Wurzeln schlagen. Ich denke noch: Was für ein interessanter Gedanke! Aber dann ist er schon wieder verschwunden. Manches wird von Sorgen überdeckt. Manches von Lügen zerstört. So kann es sein, dass ich das Wesentliche nicht begreife, nicht wahrnehme, nicht aufnehme. Aber vieles, was mich mit anderen verbindet, vieles, was mir die Welt der anderen aufschließt, vieles, was den Faden beim anderen aufnimmt und weiterspinnt – vieles schafft ein Netz des Verstehens. Welch ein Segen!

Lassen wir uns nicht entmutigen in dieser Zeit der Distanz und der Kontaktarmut! Lassen Sie uns neu anfangen mit Zuhören und Nachfragen und Erzählen und Verstanden werden. So können wir das Netz des Verstehens knüpfen. Auch Gott knüpft ein Netz des Verstehens, freut sich, wenn wir auf ihn hören und seine mutmachenden Worte begreifen, so dass neuer Mut wächst. 

Ihre Claudia Bitter 

Hier zwei Mutmachsätze aus der Bibel, die mich besonders ansprechen:

Josua hört von Gott: „Ich habe dir doch gesagt, dass du stark und mutig sein sollst! Fürchte dich nicht und schrecke vor nichts zurück! Denn der Herr, dein Gott, ist mit dir bei allem, was du unternimmst!“

 Josua 1,9

Jesus sagt: „Seid gewiss: Ich bin immer bei euch, jeden Tag, bis zum Ende der Welt.“ 

Matthäus 28,20