Das Wort zum Tag

Liebe Leserin, lieber Leser!

Dies Bild habe ich vor gut 30 Jahren zum ersten Mal gesehen. Damals als Schwarz-weiß-Foto in der Uni-Bibliothek in Tübingen. Ich war ein junger Student und kämpfte mit der wissenschaftlichen Theologie, die ständig meinen noch nicht so ganz erwachsenen Glauben in Frage stellte. In der Liebe lief es auch nicht so, wie ich mir es erhofft hatte. Gesundheitliche Probleme kamen hinzu. Manchmal – am Abend – war ich nur noch ein Häuflein Elend. Und dann, beim Lernen, fiel mein Blick auf dieses Bild in einem Kunstband. 

Es war wie eine Erleuchtung. Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Mir gingen die Augen auf und ich verstand in einem Augenblick, der alles veränderte, was Glauben ist; wer Gott ist; und wer wir Menschen sind. Ich glaubte, auf diesem Bild Christus zu sehen, wie er einen Menschen tröstet; wie er jemanden heilt von allen Schmerzen; wie er fürsorglich und liebevoll handelt und jemanden ganz macht. 

Erst 30 Jahre später, im August 2019, habe ich selbst die Kathedrale von Chartres bei Paris besuchen und in einem der Torbögen diese Skulptur sehen und dieses Foto eigenhändig machen dürfen. Heute kann ich die Jahreslosung 2021 nicht ohne dieses innere und äußere Bild verstehen:

Seid barmherzig, wie auch Euer Vater barmherzig ist.

Bibel, Lukasevangelium 6,36

Denn eines habe ich bei meinen Nachforschungen verstanden: Die Skulptur von Chartres zeigt nicht Jesus und einen Jünger, sondern Gott selbst. Sie heißt „Die Erschaffung Adams“. Der Vater und Schöpfer ist hier selbst am Werk. Zugleich ist – Sie sehen das Kreuz hinter dem Kopf – auf geheimnisvolle Weise Christus am Werk in Gottes Schöpfungshandeln. Doch dies Geheimnis soll heute nicht gelüftet werden. Heute kommt es mir auf die Barmherzigkeit, die Fürsorge, die Liebe als Mitte und Sinn unseres Lebens an. Empfangen wir sie, indem wir die Hände im Gebet öffnen. Geben wir sie weiter, um an der Liebesgeschichte Gottes mit der Welt persönlich teilzunehmen. Gott segne Sie!

Ihr Tom Damm