Das Wort zum Tag

Irrlichter

Die Geschehnisse der letzten Stunden in Washington, D.C. haben die Menschen in aller Welt geschockt. Noch-Präsident Trump, der seine Wahlniederlage nicht akzeptieren will, ist mit seinen Tweets und Reden der Verursacher und der Brandbeschleuniger für die tiefe Spaltung einer Nation. Der Sturm auf das Kapitol ist der traurige Höhepunkt für seinen Angriff auf die Demokratie. 

Eigentlich sollte man sich freuen, wenn in den Nachrichten über etwas anderes berichtet wird als über Corona. Das Thema Trump erinnert mich aber an die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Gestern, am Epiphanias- oder auch Dreikönigstag, hätte eigentlich der Lobpreis angesichts des von Gott in Jesus Christus offenbarten Lichts im Fokus stehen sollen. Nun ist es überschattet worden von dem Dunkel rund um ein großes Irrlicht. 

In Deutschland ist uns das Phänomen von Irrlichtern und Verblendung nicht fremd. Es ist nicht angebracht, kopfschüttelnd und empört auf eine Person zu zeigen und darüber jegliche Selbstkritik auszublenden. Wie empfänglich bin ich für Heils- und Glücksversprechen? ( Und wenn es nur die kleinen Fluchten sind, dass ich zum Schlittenfahren in die überfüllten Zentren des Sauerlands fahre?) Wie empfänglich bin ich für populistische Tendenzen, komplexe Zusammenhänge dadurch meine lösen zu können, dass ich nur noch schwarz-weiß sehe und die Zwischenfarben und -töne ausblende?

Es scheint allen Irrlichtern zu eigen zu sein, dass sie schnelle Lösungen und exklusives, perfektes Glück versprechen. Dies gilt nicht allein für die Politik. Ist es nicht auch ein Irrlicht, allzu romantisch die Liebe seines Lebens dahin gehend zu verklären, als habe man nun bis ans Ende seiner Tage das Glück gepachtet. Das Licht der Liebe ist echt, jedoch ist der Gedanke ein Irrlicht, das Licht der Liebe könne nicht mehr erlöschen. Liebe muss immer neu gepflegt werden. Dies gilt in gleicher Weise für Demokratie, Freiheit, Zivilgesellschaft sowie für andere hohe Werte und Güter – und ebenso für den Glauben.

Die Pflege der guten Lichter ist Aufgabe jedes und jeder einzelnen, ist aber auch, und das lehrt mich wieder der gestrige Abend, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, national wie auch international. 

Wie Zacharias, der Vater von Johannes dem Täufer, ist auch mir die Hinwendung zu Gott zentral wichtig, um Lichter und Irrlichter unterscheiden zu können und um die guten Lichter zu pflegen.

Gott schenke uns dazu das Gelingen.

Ihr/Euer Achim Dreessen 

aus dem Lobgesang des Zacharias :
Gelobt sein der Herr, der Gott Israels!
Denn er hat besucht und erlöst sein Volk
… dass er uns errettete
durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes,
durch die uns besuchen wird
das aufgehende Licht aus der Höhe,
auf dass es erscheine denen, die sitzen
in Finsternis und Schatten des Todes
und richte unsere Füße
auf den Weg des Friedens.

Evangelium nach Lukas, Kapitel 1