Das Wort zum Tag

Neulich auf einem Spaziergang. Im Schwerter Wald treffe ich auf einmal auf einen Rahmen ohne Bild. Das ist ja seltsam. Nur der Bilderrahmen. Aber kein Bild! Ich bleibe stehe, denke darüber nach. Schon hat die Skulptur ihren Sinn erfüllt.

Was sehe ich innerhalb des Bilderrahmens? Ein paar Bäume. Ein paar Büsche. Ein bisschen Himmel. Mehr nicht. Ah, ich verstehe, der kleine Ausschnitt der Natur soll das Kunstwerk sein. Die Natur ist wunderbar, Gottes wertvolle Schöpfung. Ein Kunstwerk halt. In der Nähe der Ruhr steht ein ähnlicher leerer Bilderrahmen. Mit Blick auf die Stadt Schwerte. Auch ein Kunstwerk. Warum nicht. Zumindest eine schöne Perspektive auf unsere Stadt.

Was wäre, wenn ich mich selber hinter den Bilderrahmen stellen würde, so dass ich im Bilderrahmen stehe. Bin ich dann das Kunstwerk? Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Ich bin sehr gut. Ein Kunstwerk.

Und was wäre, wenn ich meine Lebenstage in den Bilderrahmen stellen würde? Na ja, die Tage, mit denen ich zufrieden bin, an denen ich was geschafft, was geleistet habe, die mögen ja ein Kunstwerk sein. Aber was ist mit den Tagen, die ich am liebsten aus den Kalendern ausradieren würde, weil sie mir ganz und gar nicht gefallen. Dies ist der Tag, den der Herr macht. Lasset uns freuen und fröhlich an ihm sein.

Die Tage, von schlechter Laune geprägt, die Tage mit einer Pechsträhne, die Tage, an denen mir nichts gelingt, sind Kunstwerke? Diese Tage soll ich einrahmen lassen?

Ja, auch diese Tage sind nicht aus dem Rahmen gefallen.
Sie kommen aus Gottes Hand.
Sie liegen in Gottes Hand.
Sie gehen in Gottes Hand zurück.
Gott rahmt sie ein.
Auch diese Tage sind Gottes Tage.
Ein Kunstwerk halt.

Ihr Hartmut Görler