Das Wort zum Tag

Samstag, 28. März 2020

Nehmen wir zum Beispiel… (Teil 2)

… das „Tal der Heiligen“ in der Bretagne. Auf einer weiten, freien Hangfläche formen Bildhauerinnen und Bildhauer – gefördert von einheimischen Sponsoren – überlebensgroße Skulpturen aller in der Bretagne verehrten Heiligen – ein Unternehmen, das noch viele Jahre in Anspruch nehmen wird, weil es unglaublich viele bretonische Heilige gibt…

Unter den bis jetzt über 200 Figuren ist mir vor allem dieser „komische Heilige“ aufgefallen:

Foto: Klaus Johanning

Im Unterschied zu seinen Genossinnen und Genossen, die alle irgendwie tätig herumstehen oder -sitzen, liegt er bequem angelehnt und richtet den Blick ziellos in die Ferne. Das Buch hat er beiseite genommen – genug gelesen! –, der Hut baumelt am hochgelegten Fuß.

Seine Haltung wirkt auf mich weder wie angestrengtes Nachdenken noch wie frommes Gebet. Er liegt oder hängt einfach nur herum.

Kann man eigentlich gar nichts machen, oder ist das schlicht unmöglich?

In einem seiner Sketche portraitiert der Humorist Loriot ein Ehepaar, das sich über diese Frage in die Haare gerät: Er sitzt herum, „einfach nur so“, sie möchte, dass er etwas tut, beispielsweise Lesen oder Spazierengehen…

Was tun mit seiner Zeit, mit der Zeit, von der einige im Augenblick mehr haben, als ihnen lieb ist, während andere vor Arbeit nicht ein- und auswissen?

Warum nicht einfach mal „herumhängen“, wenn es sogar ein Heiliger tut? Und wenn es nur ein kurzer Augenblick ist, zwischen zwei Terminen oder zwei Buchseiten oder zwei Telefonaten…

Ich habe das Wort „Faulheit“ gegoogelt. Heraus kamen Tipps, wie man sie überwinden könne, ob Faulheit eine Krankheit sei (ich meine: definitiv nicht) oder ob man an Faulheit sterben könne (glaube ich auch nicht).

Wikipedia schreibt unter anderem, Faulheit sei vor allem „ein Zuschreibungsbegriff von Fleißigen“, mit anderen Worten: von Menschen, die Schwierigkeiten damit haben, dass andere nicht so aktiv sind wie sie.

Ich glaube: Wenn wir nicht wissen, was wir tun können, was augenblicklich ja des öfteren vorkommt, dürfen wir auch einmal gar nichts tun. 

Und ehe Sie mir jetzt wütende Mails schreiben: Ich weiß, dass es zur Zeit Menschen gibt, die über ihre Kräfte arbeiten müssen. Gerade auch denen wünsche ich wenigstens Augenblicke wie den hier beschriebenen. 

Also: Nehmen wir zum Beispiel diesen Heiligen! Obwohl er „nur“ herumliegt, hat er es geschafft, heilig zu werden. 

Das lässt hoffen, Ihr Klaus Johanning


Geistliche Impulse

Gebete, mutmachende Texte, Erinnerungen an beglückende und stärkende Erfahrungen im Glauben und in der Gemeinschaft – in diesen Zeiten, in denen wir soziale Kontakte reduzieren und auch in der Gemeinde keine Treffen, keine Gottesdienste möglich sind – in diesen Zeiten wollen wir als Geistliche der Gemeinde – Pfarrerinnen, Pfarrer, Prädikantinnen, Prädikanten – kleine Texte ins Netz stellen.Beten Sie mit, denken Sie mit, singen Sie mit – wir hoffen auf die stärkende Kraft des Glaubens und der Gemeinschaft.

Wenn Sie mögen, reagieren Sie auch gern per E-Mail oder telefonisch.

Ihr Pfarrteam


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