Bilanz des Presbyteriums

Meine Damen und Herren,

ich bin gebeten worden, anlässlich des bevorstehenden Endes der Legislaturperiode unseres Presbyteriums  einen Bericht über die geleistete Arbeit anzufertigen und hier bei der Gemeindeversammlung vorzutragen, was ich gern tue.

Lassen Sie mich zunächst etwas „ausholen“! Ich bin seit 1991 als Gemeindepfarrer in diesem Kirchenkreis beschäftigt, also fast 30 Jahre. In dieser Zeit war ich 7 Jahre Presbyteriumsvorsitzender und ebenso viele Jahre Stellvertreter, habe also fast die Hälfte meiner Dienstjahre in leitender Funktion in unterschiedlichen Presbyterien und Gemeinden verbracht. Was ich damit sagen möchte, ist: Ich denke, ich kann die Arbeit wie die Leistungsfähigkeit eines solchen Gremiums gut einschätzen.

Was dieses Presbyterium geleistet hat ist außergewöhnlich.

Nach einer schwierigen Wahl musste es sich im Frühjahr 2016 zunächst einmal „zusammenraufen“. Viel Zeit dazu blieb nicht, denn das Arbeitsfeld „Evangelische Kirchengemeinde Schwerte“ war in einem höchst beklagenswerten Zustand.

Der Personalstand beim Pfarrteam im März 2016: Ein Pfarrer im Kontaktstudium, ein Pfarrer von der Landeskirche zugeteilt und jederzeit wieder abrufbar, ein Pfarrer, der direkt nach der Wahl die Stelle nicht antrat (wie auch ein A-Kantor). Fest gewählt und im Amt: die Pfarrer Michael Kamutzki und Klaus Johanning.

Meinem ehemaligen Kollegen Kamutzki ist es zu verdanken, dass dieses Presbyterium nach kurzer Zeit einen guten Arbeitsrhythmus fand.Es dauerte noch bis in den Sommer 2017, bis alle Stellen incl. der Kantorenstelle wieder besetzt waren. Von 2016 bis 2017 wurden in chronologischer Reihenfolge die Pfarrerinnen und Pfarrer Johanning, Görler, Damm, Bitter und Heckel sowie zwischendurch noch Kantorin Ernst in ihr Amt eingeführt. Verabschiedet wurden Pfarrer Inhetveen und Pfarrer Kamutzki. 6 Einführungen und 2 Verabschiedungen im Laufe von 1 ½ Jahren!

In dieser Zeit musste unter solchen Bedingungen sowohl die Gemeindearbeit als auch die Arbeit zur Konsolidierung der Strukturen weiter geführt werden.

Im Spätsommer 2017 wurde der Dienst am Paul-Gerhardt-Haus eingestellt und das Haus der Maranatha-Gemeinde zunächst zur Miete überlassen. Es soll eigentlich verkauft werden, aber aufgrund verschiedener verwaltungstechnischer Komplikationen ist der Kauf bis heute noch nicht abgeschlossen (wir rechnen allerdings in den nächsten Wochen damit). Die Aufgabe des Paul Gerhardt Hauses ist wesentlicher Bestandteil der Neuaufstellung unserer Gemeindearbeit im Zentrum, wie auch die Funktionalisierung einer Pfarrstelle als Stadtkirchenstelle.

Im November 2016 waren Finanzkirchmeister Halbach sowie die Pfarrer Kamutzki, Görler und Johanning im Kreiskirchenamt und bekamen dort die Aufgabe, unsere Diakonie aus der unmittelbaren gemeindlichen Hoheit herauszulösen. Es sei in der Kreissynode auf Dauer nicht mehr durchzusetzen, dass eine einzige Gemeinde, Schwerte, ca. ein Drittel der kreiskirchlichen Diakoniemittel bekomme. Dazu kam, dass unsere Diakoniesatzung aus den 90er Jahren nicht mehr kompatibel mit den aktuellen landeskirchlichen Regelungen war.

Damit war ein Auftrag an Pfarrerin Heckel sowie einen Arbeitskreis, bestehend aus Vertreter/-innen des Presbyteriums, der Diakonie und des Kirchenkreises formuliert. Die Umstrukturierung unserer Diakonie zu einer gGmbH unter dem Dach der Diakonie Mark-Ruhr hat insgesamt 2 Jahre in Anspruch genommen. Sie wurde nach dem Stellenwechsel von Pfarrerin Heckel von Gemeindeseite durch den Vorsitzenden des Presbyteriums, Presbyterin Schube und Kirchmeister Halbach abgeschlossen. Seit dem 1. Januar 2019 gibt es die Diakonie Schwerte gGmbH, und seit dem 1. August gehören unsere Kindertagesstätten dazu.

Zuständig für diesen Arbeitsbereich ist Pfarrer Dreessen, der im März 2019 in sein Amt als Nachfolger von Frau Heckel eingeführt wurde.Damit beläuft sich die Bilanz dieser Legislaturperiode auf 7 Einführungen und 3 Verabschiedungen! Das reicht normalerweise für 3 Legislaturperioden.

Auch im Presbyterium gab es Fluktuation, hauptsächlich aus gesundheitlichen und familiären Gründen, einzelne gingen auch, weil sie unseren Kurs nicht mehr mitsteuern mochten, was legitim ist. 6 Presbyterinnen und Presbyter haben ihr Amt vor der Zeit niedergelegt.Mancher Rückzug lässt sich auch damit erklären, dass einfach sehr Vieles abverlangt werden musste, um diesen Wust an Aufgaben zu bewältigen. Denn alles, was ich Ihnen bisher erzählt habe, muss in Sitzungen verhandelt und besprochen werden.

Dadurch ergeben sich zwangsläufig auch Probleme in der Kommunikation von Entscheidungen. Ich kann Ihnen da nur Mut machen, die Presbyterinnen und Presbyter „Ihres“ Bezirkes bzw. uns als Pfarrerinnen und Pfarrer anzusprechen!

Die Neubesetzung der Pfarrstelle Nord verlief zeitgleich mit den zeitintensiven Abschlussverhandlungen zur Umstrukturierung der Diakonie, um nur ein Beispiel für die Anforderungen zu nennen, denen wir uns stellen mussten.

Erfreulicherweise fanden sich aber auch immer wieder Menschen, die eingesprungen sind. Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die in dieser schwierigen Situation im Presbyterium mitgewirkt haben!

Zur Konzeption dieser Gemeinde gehören Strukturmaßnahmen, wie ich sie eben beschrieben habe, aber natürlich auch Dienstanweisungen ans Pfarrteam. Jede Pfarrerin, jeder Pfarrer hat eine Dienstanweisung. Für Pfarrer Damm beinhaltet sie im wesentlichen Aufbau und Organisation der Stadtkirchenarbeit um St Viktor, für die anderen die Gemeindearbeit in vier etwa gleich großen Bezirken, sowie jeweils einen Zusatzauftrag.

Bewährt hat sich aus meiner Sicht die Funktionalisierung der Stadtkirchenstelle, weil dadurch Kirchraum und Gemeindezentrum sichtbar belebt wurden. Der Gottesdienstbesuch in St Viktor ist deutlich besser geworden; Veranstaltungen wie Kirchenkino oder Vorträge ziehen Menschen aus unterschiedlichen Richtungen in unsere Räume.

Bei den übrigen Stellen leiden die Zusatzaufträge häufig unter den Belastungen in den Bezirken. Abgesehen davon, dass in den letzten 3 Jahren nur für knapp 1 ½ Jahre alle 5 Pfarrstellen besetzt waren, ist natürlich zwischendurch jemand auf Fortbildung oder im Urlaub oder krank, sodass manchmal das Gefühl entsteht, man arbeite dauernd gegen eine Vakanz an, zumal die Einzelbezirke mit über 3000 Gemeindegliedern schon für sich allein recht groß sind. In der Reisezeit ist es nicht selten so, dass 2 Pfarrer/-innen fast 13000 Gemeindeglieder betreuen müssen.

Eine bisher noch wenig berücksichtigte Frage ist die des Vorsitzes. Aus meiner Sicht sollte diese Beauftragung nicht jährlich wechseln, möglichst auch nicht alle 2 Jahre. Sie ist im Grunde ein Zusatzauftrag, der Kräfte bindet, aber nach außen wie nach innen für eine gewisse Kontinuität sorgen kann.

Kommen wir zur Pfarrstellenplanung! Es ist, um eine häufige Frage vorweg zu beantworten, heutzutage nicht einfach, eine vakante Stelle wieder zu besetzen. Um Ihnen einen Vergleich zu geben: Als um das Jahr 2000 herum Frau Pfarrerin Muhr-Nelson am Paul Gerhardt Haus aufhörte, bewarben sich über 25 Kandidatinnen und Kandidaten um die Nachfolge. 2018 gab es gerade noch 3 Bewerbungen auf die Stelle im Bezirk Nord. Die Zahl der jungen Pfarrerinnen und Pfarrer ist seit Jahren rückläufig. In Zukunft wird es darauf ankommen, den gewünschten Bewerberinnen und Bewerbern attraktive Stellen anzubieten. Wir stehen mit anderen Gemeinden im Wettbewerb. Was das Umfeld und die Arbeitsmöglichkeiten angeht, muss sich Schwerte da nicht verstecken, allerdings ist ein großes Manko das Fehlen von Dienstwohnungen – gerade, wenn man junge Familien anwerben möchte.

Ein weiteres Problem ist die rückläufige Zahl von Gemeindegliedern. Bielefeld rechnet aktuell mit einem Schlüssel von 3000 Gemeindegliedern pro Pfarrstelle, unser eher ländlicher Kirchenkreis noch mit 2750. Hatte Schwerte im Jahr 1991 noch fast 20.000 Gemeindeglieder, so liegen wir derzeit knapp unter 13.000. Zwischen dem 31.12.2015 und dem 1. Oktober 2019 haben wir fast 1000 Gemeindeglieder verloren.

Durch Austritte verlieren wir pro Jahr ca. 100 Gemeindeglieder, was mit Blick auf den Kirchenkreis ungefähr im Schnitt liegt; die Zahl ist – proportional zur Größe unserer Gemeinde – also nicht höher als anderswo. Seit ungefähr zwei Jahren schreiben wir ausgetretenen Mitgliedern einen Brief mit einem Fragebogen zum Austritt. Wir haben bisher lediglich drei Rückmeldungen bekommen, die unterschiedlicher nicht sein können. Die Aufnahmen liegen demgegenüber zwischen 15 und 25 pro Jahr. Dazu kommen im Schnitt ungefähr 150 Beerdigungen, sodass wir jährlich – eingerechnet Taufen und Umzüge – etwa 250 Gemeindeglieder verlieren.

Wir müssen uns in Zukunft also auf allgemein sinkende Zahlen einstellen. Das Kirchensteueraufkommen, bisher noch erstaunlich hoch, wird aufgrund der genannten Entwicklung in den nächsten Jahren zurückgehen, und wir hoffen, dass dies nicht zu abrupt geschieht. Denn es kommt zumindest noch eine große Baumaßnahme auf uns zu: Dach und Fassade der St Viktor Kirche müssen unbedingt renoviert werden, und wir rechnen mit Unkosten in Höhe von ca. 900.000 Euro. Stand bisher: Die Bauarbeiten werden im Jahr 2021 beginnen. Über die finanzielle Situation kann Sie unser Kirchmeister, Herr Halbach, allerdings gleich noch detaillierter informieren.

Damit sind wir bei der Zukunftsperspektive!

Es wird künftig darauf ankommen, dass die Qualität unseres Angebotes nicht unter dem unbedingt notwendigen Rückbau leidet. Wir möchten über die strukturellen Aufgaben die inhaltlichen Schwerpunkte unserer Arbeit nicht aus dem Blick verlieren. Das versuchen wir zur Zeit mit einem presbyterialen Arbeitskreis zum Thema „Abendmahl“. Ziel soll sein, zeitgemäße, verständliche Formen einer Abendmahlsliturgie zu entwickeln.

Wir werden weiterhin genau hinschauen müssen, wo wir künftig zentrale Angebote machen müssen und wo wir um dezentrale Angebote nicht herumkommen. Wir müssen einkalkulieren, dass auf längere Sicht eine weitere Pfarrstelle einzusparen ist. Und die Frage wird sein: Wie können wir mit weniger Personal Qualität halten, vielleicht sogar verbessern? Wo sind Reduzierung und Rückbau unumgänglich, wo müssen wir, um einen Mindeststandard zu halten, weiterhin präsent sein? Was wir uns aus meiner Sicht auf keinen Fall leisten können, ist der Rückzug aus dem öffentlichen Leben, aus dem städtischen Gemeinwesen. Wir sind mit diesem Gemeindezentrum mitten in der Stadt präsent, und diese Präsenz muss auch beim Inhalt unserer Arbeit deutlich werden und bleiben.

An dieser Stelle möchte ich noch einen kurzen Exkurs zur Kanzelrede machen! Seit vielen Jahren findet in St Viktor am Reformationstag kein Gottesdienst statt sondern eine Kanzelrede. Das ist ein Vortrag, den jeweils ein dazu eingeladener Gast hält. In diesem Jahr war es Frau Elemenler, die zum Thema der aktuellen Synodalvorlage „Ich war fremd…“ sprechen durfte. Frau Elemenler ist in kirchlichen Kreisen nicht unbekannt; wer sie googelt wird feststellen, dass sie des öfteren zum Thema „interreligiöser Dialog“ als Gesprächspartnerin eingeladen wird, auch auf universitäre Veranstaltungen.

Für einen Vortrag – wie übrigens auch für eine Predigt – gilt: Man darf anderer Meinung sein. Nicht einmal Predigerinnen und Prediger sind über Kritik erhaben. Man darf sogar die Frage stellen: Muss ein solcher Vortrag ausgerechnet am Reformationstag sein? Vernünftig formulierte Kritik ist immer möglich. Es gehört aber auch zu unserer Tradition, dass wir einander zuhören und mit Respekt begegnen. Wer sich am Reformationstag auf den Weg gemacht hat, hörte einen interessanten Vortrag Frau Elemenlers und bekam selbstverständlich Gelegenheit zu Fragen und Kritik.

Kommen wir nun zum Ende!

Am 22. März 2020, im Gottesdienst um 11 Uhr wird das derzeitige Presbyterium verabschiedet und das neue eingeführt. Es sind bereits einige Neubewerbungen eingetroffen, allerdings werden uns auch 9 Presbyterinnen und Presbyter verlassen. Wir wollen die Zahl der Stellen im Presbyterium nicht reduzieren (auch wenn dies möglich wäre) damit die Belastung für den einzelnen nicht zu hoch wird. Bis zum 29. November dürfen Sie Wahlvorschläge bei uns einreichen. Dies hat schriftlich auf dem dafür vorgesehenen Formblatt mit den nötigen Unterschriften zu erfolgen (Formblätter liegen hier aus, Sie erhalten sie ansonsten im Gemeindebüro).

Sie dürfen Presbyter/-in werden, wenn Sie mindestens 18 Jahre, jünger als 75 Jahre und evangelisch sind. Außerdem müssen Sie in Schwerte auf dem Gebiet unserer Gemeinde wohnen.

Sollten sich mehr Kandidatinnen und Kandidaten finden als Plätze frei sind, kommt es zu einer Wahl. Wahlsonntag wäre der 1. März 2020, gewählt wird zentral in St Viktor. Zwei Wochen vorher werden Briefwahlunterlagen ausgegeben.

Pfarrer Dr. Klaus Johanning