Ansprache zur Gemeindeversammlung

Am vergangenen Sonntag, 08. Juni fand nach dem Pfingstgottesdienst die diesjährige Gemeindeversammlung statt. Für diejenigen, die nicht teilnehmen konnten, veröffentlich wir an dieser Stelle die Ansprache von Pfarrer Hartmut Görler als Vorsitzenden unseres Presbyterium mit den wichtigsten Themen.

Foto: Tom Damm

Meine Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde unserer Kirchengemeinde!

Vielen Dank, dass Sie geblieben oder gekommen sind und damit Interesse an dem zeigen, wie es mit unserer Kirchengemeinde weitergeht. 

Bei unserer letzten Gemeindeversammlung im Herbst 2024 habe ich noch etwas nebulös davon berichtet, dass die finanzielle Situation unserer Kirchengemeinde angespannt ist. Jetzt wissen wir mehr, aber das macht das Ganze nicht besser. Ganz im Gegenteil.

Mittlerweile liegen die Jahresabschlüsse für die Jahre 2012 bis 2021 vor. Wir können auch mit einer geschätzten Haushaltslage für das Jahr 2025 arbeiten. Demnach verzeichnet der laufende Haushalt ein Defizit von 340.000 Euro. Bei einem Gesamthaushalt von 1,7 Mio Euro ist das eine Katastrophe. 340.000 Euro Defizit! Das ist auch kein einmaliger Zustand, sondern ein grundsätzlicher. Wir sprechen von einem strukturellen Defizit. Die Ausgaben unserer Kirchengemeinde übersteigen bei weitem die Einnahmen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Ausgaben grundsätzlich und im großen Stil zu senken. Alles andere wäre nicht verantwortlich.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass nicht die Sanierung der St. Viktor Kirche für das Defizit entscheidend ist. Stellen Sie sich die Finanzierung der St. Viktor Kirche wie ein separates Sparbuch vor. Aufgrund der öffentlichen Zuschüsse, eines aktiven Fördervereins und eines erstaunlichen Spendenaufkommens werden wir die Sanierungsmaßnahmen bezahlen und abschließen können. Vielen Dank all denjenigen, die uns mit einer kleinen oder großen Spende unterstützen. Die Arbeiten gehen gut voran. Das Gerüst auf der Rückseite der St. Viktor Kirche wurde bereits abgebaut. Vom Schuhhaus Hanna aus können Sie gut sehen, woran die Handwerker in den letzten Monaten gearbeitet haben. 

Mittlerweile sind die Steinmetze an der Vorderseite des Kirchturms angelangt. Die Dacharbeiten beginnen. Wir sind voll im Zeitplan. In ein paar Monaten werden wir Ihnen drei neue Glocken präsentieren können, von denen eine auf der Gebrauchtglockenbörse erstanden werden konnte. So konnten wir viel Geld sparen.

Aber kommen wir noch einmal zurück auf das Defizit von 340.000 Euro. Das Presbyterium hat vor diesem Hintergrund beschlossen, sich in einem ersten Schritt von vier Gebäuden bzw. Standorten zu verabschieden bzw. nach anderen Lösungen zu suchen. Im Folgenden werde ich von dem Gemeindehaus Villigst berichten, von der Ursula-Werth-Begegnungsstätte in Wandhofen, von dem Gemeindezentrum am Buschkampweg und von dem Paulusraum.

Gemeindehaus Villigst. Wir haben beschlossen, das Evangelische Gemeindehaus in Villigst so schnell wie möglich zu verkaufen. Unser oberstes Ziel ist dabei, das Haus als Bürgerhaus zu erhalten. Schon jetzt ist das Erdgeschoss des Gemeindehauses an den Förderverein des Gemeindehauses vermietet, der es als Bürgerhaus bespielt. Wir haben einen Gutachter beauftragt, den Wert der Immobilie zu ermitteln. Sobald das Gutachten vorliegt, werden wir unsere Verkaufsabsichten intensivieren und konkretisieren. Aber wie gesagt: nicht um jeden Preis. Wir wollen nach Möglichkeit das Haus als Bürgerhaus erhalten. Aktuell zahlen wir für unsere gemeindlichen Gruppen eine Miete für die Raumnutzung an den Förderverein.

Die Ursula-Werth-Begegnungsstätte in der Strangstraße wird seit vielen Jahren als Treffpunkt für Frauen- und Männergruppen genutzt. Wir können es uns aber nicht mehr leisten, für diesen Zweck eine Eigentumswohnung zu finanzieren. Ja, Sie haben richtig gehört. Die Anschaffungskosten von damals drücken noch heute schwer und erfordern laufende Ausgaben. Auch für die Begegnungsstätte in Wandhofen haben wir einen Gutachter beauftragt. Sobald das Gutachten vorliegt und von unserer Seite ausgewertet wurde, werden wir die Ursula-Werth-Begegnungsstätte aufgeben:

vermieten oder verkaufen. Zusammen mit den Gruppen und Kreisen unserer Kirchengemeinde haben wir nach alternativen Räumlichkeiten gesucht. Im Rahmen des Neubaus einer Kindertagesstätte ist in Wandhofen ein kommunaler Treffpunkt entstanden, den wir als Kirchengemeinde mitnutzen können. Die entsprechenden Gespräche sind weit vorangeschritten. Wann genau die Ursula-Werth-Begegnungsstätte geschlossen wird, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kann es nur recht offen formulieren, indem ich sage: so schnell wie möglich.

Kommen wir zum Gemeindezentrum Geisecke/Lichtendorf. Hier wird vermutlich der größte und schmerzlichste Einschnitt vorgenommen. Was für Villigst und Wandhofen gilt, gilt auch für Geisecke. Ein Gutachter ermittelt aktuell den Wert der Immobilie. Und doch sind wir als Kirchengemeinde hier schon einen Schritt weiter. Denn wir haben über den Kirchenkreis beim Landeskirchenamt in Bielefeld bereits die Entwidmung beantragt. Eine Entwidmung muss vorgenommen werden, weil im Gemeindezentrum am Buschkampweg bis zum heutigen Tag auch Gottesdienste gefeiert werden. Der Antrag wurde bereits vom Kirchenkreis bestätigt und liegt jetzt im Landeskirchenamt. Eine Antwort steht noch aus. Der Förderverein des Hauses und des Friedhofs in Geisecke wurde informiert. Er hat im Rahmen seiner Jahreshauptversammlung beschlossen, die finanzielle Unterstützung der Kirchengemeinde einzustellen. Als Kirchengemeinde stehen wir mit einem diakonischen Träger in Verhandlungen, der das Gemeindehaus so umbauen möchte, dass dort eine stationäre Einrichtung der Jugendhilfe entstehen soll. Wir hoffen sehr, dass dieses Projekt mit einem riesigen Investitionsbedarf wirklich umgesetzt werden kann. Wann das Haus geschlossen wird, kann ich Ihnen heute leider noch nicht sagen. Das hängt zum einen von dem Zeitpunkt der Entwidmung ab, zum anderen von den Verhandlungen mit dem diakonischen Träger bzw. dessen Verhandlungen auf verschiedenen Ebenen. Dass das Haus geschlossen wird, ist aber unumkehrbar.

Unsere gemeindlichen Gruppen haben bereits in der katholischen Kirche St. Antonius im Unterdorf von Geisecke ein neues Zuhause gefunden. Wir werden in der katholischen Kirche monatlich zwei evangelische Gottesdienste an einem Sonntag feiern. Auch unser gemeindlicher Posaunenchor wird im katholischen Pfarrheim unterkommen. Trotzdem ist mit der Aufgabe des Hauses ein schmerzlicher Abschied verbunden.

Nach der Aufgabe des Paulushauses hat die Kirchengemeinde bei der GWG, bei der hiesigen Wohnungsgesellschaft, einen Raum für Gruppen und Kreise in Schwerte-Holzen angemietet – den sogenannten Paulusraum. Nachverhandlungen haben jetzt ergeben, dass die GWG uns den Raum auch stundenweise vermietet. Damit entfällt für uns die Monatsmiete, aber wir können unseren Gruppen und Kreisen dennoch ermöglichen, sich dort zu treffen. Eine kleine, aber wichtige Ersparnis.

Wenn Sie genau zugehört haben, haben Sie noch im Ohr, dass ich von einer ersten Entscheidungsrunde gesprochen habe. Es wird nicht bei diesen vier Gebäuden bleiben. Wir werden uns von weiteren Gebäuden verabschieden müssen. Uns ist heute schon klar, dass wir die schöne Kirche in Villigst nicht halten können. Wir haben nur aktuell noch keine Idee, welcher Nutzung wir diese Kirche zuführen können.

Vor den Herausforderungen, die ich Ihnen beschrieben habe, stehen auch unsere Nachbargemeinden. Der Kirchenkreis hat die Gemeinden Hennen mit Kalthoff, Ergste, Westhofen und Schwerte zu einer Region zusammengefasst. Wir sind ab sofort in allen grundlegenden Entscheidungen aufeinander angewiesen. Der Superintendent spricht ganz offen von einer Fusion der vier Kirchengemeinden und will noch in diesem Jahr seine Vorstellungen verschriftlicht vorlegen. Die müssen dann in den Presbyterien beraten und eventuell umgesetzt werden. Schauen wir mal, in welche Richtung der Zug der Region fährt. 

Gleichzeitig hat der Kirchenkreis alle Gemeinden aufgefordert, Zukunftsgebäude zu definieren und sich von anderen Gebäuden zu verabschieden.

Die Kirchengemeinde Westhofen hat zum Beispiel das Gemeindehaus in Garenfeld bereits zum Jahreswechsel geschlossen. Da die Gemeinden bis zum heutigen Tag aber selbständig sind, müssen die dortigen Presbyterien ihre eigenen Entscheidungen treffen, die wir nur mit Interesse verfolgen können. Wir gehen aber davon aus, dass von den vielen kirchlichen Gebäuden in der Region nur ganz wenige erhalten bleiben. Kaum eine Nachbargemeinde wird sich wohl eine Kirche und ein Gemeindehaus auf Dauer leisten können. Sie können erahnen, was das bedeutet.

Auch die katholische Kirchengemeinde hat ihren Immobilienprozess abgeschlossen. Sie haben gelesen, dass das gesamte Ensemble rund um die Heilig Geist Kirche aufgegeben wird, das Pfarrheim in Ergste und das Pfarrheim St. Marien, schräg gegenüber des Ruhrtalgymnasiums – und zwar zum 31.12.2025. Unsere Gemeinden sind im intensiven, ökumenischen Austausch miteinander, wie wir zukünftig zusammenarbeiten und kirchliche Gebäude gemeinsam nutzen können.

Nicht nur was die Gebäude angeht, auch personell stehen Veränderungen an. Wie Sie aus der neusten Kirchenzeitung erfahren haben, wird auch unsere Kantorin Clara Ernst unsere Gemeinde verlassen. Sie tritt am 1. September 2025 eine Stelle in Nördlingen an und zieht damit wieder in ihre Heimat zurück. Ich betone an dieser Stelle ausdrücklich, dass Frau Ernst nicht aufgrund irgendwelcher Differenzen unsere Gemeinde verlässt. Ihre neue Stelle ist hoch renommiert und ist ein echter Karrieresprung. Wir bedanken uns herzlichst bei ihr und wünschen ihr für diesen großen Schritt alles Gute. Sie wird bereits in vier Wochen verabschiedet, und zwar am 6. Juli 2025 im Rahmen des Sommerkonzertes aller kirchenmusikalischer Gruppen.

Dazu heute schon mal unsere herzliche Einladung. Wir haben uns vorgenommen, die Stelle wieder zu besetzen. Es gab bereits erste Gespräche im Presbyterium. Am vergangenen Mittwoch saßen wir mit dem Kreiskantor, Herrn Springer, zusammen. In den nächsten Tagen findet ein Gespräch mit dem Landeskirchenmusikdirektor statt. Wir gehen davon aus, dass nach dem Abschied von Frau Ernst eine Zeit ohne Hauptamtlichkeit überbrückt werden muss. Es haben sich zwar einige Personen angeboten, uns in dieser Zeit an der Orgel zu unterstützen, aber ich bitte Sie jetzt schon einmal, sich darauf einzustellen, dass nicht alle gewohnten Angebote bespielt werden können.

Auch in der Pfarrschaft wird es über kurz oder lang Veränderungen geben. In der Nachbarschaft wurden bereits Pfarrer Hoof im Krankenhaus, Pfarrer Gössling in Ergste, Pfarrerin Zywitz in Kalthoff und Pfarrer Ruck im Meta-Bimberg-Haus verabschiedet. Im März 2026 wird uns unserer Vikar Jannis Graf verlassen. Zum 1. Januar 2026 verändert sich der Pfarrstellenschlüssel. Dann sind 4000 Gemeindeglieder für eine volle Pfarrstelle Berechnungsgrundlage. Unsere Kirchengemeinde in Schwerte hat aber weniger als 12.000 Gemeindeglieder. Ich gehe nicht davon aus, dass der Superintendent einen von uns vier Pfarrerinnen und Pfarrern abziehen wird, aber wir müssen uns darauf einstellen, dass bei kommenden Pensionierungen im Jahr 2027 keine Wiederbesetzung erfolgen wird. Mittelfristig, so die Planungen des Kirchenkreises, werden in unserer Region drei Pfarrpersonen und zwei pädagogische Kräfte arbeiten und die pastoralen Arbeitsfelder bedienen. Bitte stellen Sie sich jetzt schon mal darauf ein, dass nicht alle liebgewordenen Angebote und Gottesdienste dann noch von uns abgesichert werden können. Deutlich wird das jetzt schon am Johanneshaus. Am 6. Juli 2025 wird zum letzten Mal ein traditioneller Abendmahlsgottesdienst gefeiert. Das Haus bleibt vorerst erhalten, aber es wird zum Zentrum für unsere Kinder-, Jugend- und Familienarbeit. 

Das heißt ab Juli werden dort nur monatlich Kindergottesdienst, Familiengottesdienste und Jugendgottesdienste gefeiert.

Und trotzdem, trotz aller anstehenden Veränderungen und Reduzierungen, erleben wir an vielen unterschiedlichen Orten eine lebendige Gemeinde im Aufbruch. Wir feiern in den nächsten Tagen neuen Schulgottesdienste zum Abschluss des Schuljahres und vier Schulgottesdienste als Auftakt zum neuen Schuljahr. Dann haben wir Hunderte von Kindern und Jugendlichen in unseren Kirchen zu Gast. 

Wir haben ein tolles Seniorenchorprojekt erlebt mit rund 25 aktiven Sängerinnen und Sängern unter der Leitung von Jessika Tonn. Wir haben eine sehr abwechslungsreiche Schöpfungswoche erlebt, die unser Vikar organisiert hat. In der Woche vor Ostern hat unter der Leitung von unserem Jugendreferent Michael Bosqui eine Kinderfreizeit in den Niederlanden stattgefunden. Es folgt nun in den Sommerferien eine Jugendfreizeit nach Italien. Der Stadtverband der Frauenhilfen plant einen Klöntreff und will damit einen Ort der Begegnung schaffen. 

Auch national werden wir als Kirchengemeinde wahrgenommen. Noch in dieser Woche durften wir den Rahmen für die Verleihung des evangelischen Buchpreises stellen. 

Unsere Gemeinde steht vor schmerzlichen Veränderungen. Unsere Gemeinde muss sparen und sich verkleinern. Aber unsere Gemeinde lebt. Sie wird schon in wenigen Jahren ganz anders aussehen als heute, aber sie ist auch dann noch ein Ort, wo der Geist Gottes weht und Menschen begeistert, wo Gottes Wort ausgelegt und gelebt wird, wo für die Stadt und für die Welt gebetet wird. Sie gestalten die Gemeinde. Sie leben Gemeinde. Sie sind Gemeinde, und deshalb steht über allem der Dank an Sie: für Ihre Verbundenheit, für Ihre Treue, für Ihr Engagement und für Ihre finanzielle Unterstützung. Vertrauen Sie darauf: Gott wird uns nicht im Stich lassen und aus den Umbaumaßnahmen seiner Kirche Neues entstehen lassen. Danke für Ihre Geduld.

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